Augsburg
Den Dichter feiern ohne Großes Haus

Beim Augsburger Brechtfestival setzt man vermehrt auf kleine Eigenproduktionen

23.01.2017 | Stand 02.12.2020, 18:45 Uhr

Einer der Höhepunkte des Brechtfestivals: Das Gastspiel des Berliner Inklusionstheaters "RambaZamba" mit "Der gute Mensch von Downtown". Als Stargast dabei: Eva Mattes. - Foto: Weiland

Augsburg (DK) Geschlechterrollen, Menschen auf der Flucht - das diesjährige Brechtfestival nimmt sich der globalen Probleme an. Dementsprechend lautet das Motto vom 3. bis 12. März: "Ändere die Welt, sie braucht es."

Es ist das erste Brechtfestival unter der Regie des Berliners Patrick Wengenroth. Und gleich zu seinem Debut muss der mit der derzeit problematischen Theatersituation in Augsburg zurecht kommen: Das Große Haus steht ihm wegen der anstehenden Generalsanierung nicht zur Verfügung. Geplante große Gastspiele konnte der neue Leiter nicht mehr nach Augsburg holen, nun setzt man vermehrt auf kleine Eigenproduktionen. Wie etwa Brechts Lehrstück "Die Maßnahme" in der Regie von Opernsänger SelÃ.uk Cara, das das Festival eröffnet. Doch Wengenroth empfindet die anfänglichen Standortprobleme sogar als praktisch, denn: "Jetzt kenne ich die Stadt sogar besser, als wenn das Große Haus verfügbar wäre."

Inhaltlich ist einer der Schwerpunkte das Spannungsfeld Chauvinismus und Feminismus - durch die Proteste in Washington aktueller denn je. "Viele sagen jetzt: ,Der Feminismus ist ja doch ganz groß und präsent!' Danke Herr Trump", sagt Wengenroth. Beim Thementag "Feminismus ist für alle da" lesen Laurie Penny und Jack Urwin aus ihren Texten und diskutieren mit der Journalistin und Autorin Meredith Haaf. Theatralisch wird das Thema Chauvinismus-Feminismus in zwei Aufführungen reflektiert: "GAP, ein performatives Tryout" des Hamburger Frauen-Performance-Kollektivs Genderdungeon II um die Regisseurin Ute Rauwald unternimmt den Versuch, Kafkas Erzählung "Heimkehr" neu und "feministisch" zu interpretieren. Die multimediale Science-Fiction-Performance "First Black Woman in Space" von Simone Dede Avivi erzählt von Befreiungskämpfen.

Ein weiterer Thementag ist der Beziehung zwischen Brecht und Walter Benjamin gewidmet, zwei der größten Denker ihrer Zeit, deren Freundschaft und Arbeitsbeziehung als eine der politisch und ästhetisch folgenreichsten des 20. Jahrhunderts gelten.

Mitunter soll es auch um sehr ernste Themen gehen. So um eine Frau, deren Sohn sich bei einem Selbstmordanschlag in die Luft jagte und viele Menschen dabei mit in den Tod riss. "Gas. Das Plädoyer einer verurteilten Mutter" heißt das Stück von Autor Tom Lanoye, das in niederländischer Sprache mit deutschen Untertiteln zum Abschluss des Festivals am 12. März in der Brechtbühne zu sehen ist.

Als neuer Festivalleiter wollte Wengenroth offenbar möglichst viele Duftmarken setzen. Das tut er auch mit einer ganz eigenen Eigenproduktion: "Die Welt ist: schlecht! Und ich bin: Brecht!" heißt die musikalische Revue am 9. März, eine Uraufführung, bei der Wengenroth Regie führt und auch selbst mitspielt und -singt.

Und natürlich ist, was Musik betrifft, auch heuer wieder die Lange Brechtnacht (am 4. März) ein Höhepunkt des Festivals. In dem von Girisha Fernando kuratierten hochkarätigen Musikprogramm spielen unter anderem Isolation Berlin, Dakh Daughters aus Kiew, Sidsel Endresen aus Oslo, Käptn Peng und Die Tentakel aus Berlin und Erobique aus Hamburg. Ergänzt wird die Lange Brechtnacht durch das Sonderkonzert "Wecker trifft Brecht". Im Gaswerk tritt der Liedermacher Konstantin Wecker mit seinem Trio und einem Brechtprogramm auf - und lässt vorab wissen: "Keinen Poeten sehne ich mir in diesen Zeiten so herbei wie Brecht."

Alle Informationen zum Programm und zu den Tickets gibt es unter www.brechtfestival.de" class="more"%>.