Ingolstadt
Akustischer Feuerregen

"Rock meets Classic" in der Ingolstädter Saturn-Arena: Das Konzept hat nichts von seinem Reiz verloren

06.04.2018 | Stand 23.09.2023, 2:51 Uhr
Jubelstimmung in der Saturn-Arena: Nick Maeder und Leo Leoni von der Band Gotthard lassen sich bejubeln (links). Gefeiert wurden auch die Stars Francis Rossi (unten rechts) und Michael Sadler. −Foto: Woelke

Ingolstadt (DK) Die Musiker sind eigentlich noch taufrisch, auch wenn die Rocker der diesjährigen Tour "Rock meets Classic" alle schon in die Jahre gekommen sind. Doch das lassen die Old-Stars der Rock-Ära ihr Publikum am Donnerstagabend nicht spüren. Ingolstadt ist die zweite Station der neuen 14-Konzerte-Tour durch Deutschland und die Schweiz, die Kombination von hartem Rock im Zusammenspiel mit einem Symphonieorchester hat angesichts der ausverkauften Saturn-Arena nichts von ihrem Reiz verloren.

Die Streicherinnen des RMC Symphony Orchestras legen zwar mit den wuchtigen Anfangsakkorden aus Beethovens 5. Sinfonie ein paar Takte lang eine falsche Fährte. Aber spätestens wenn Michael Sadler als Sänger und Multiinstrumentalist der Rocklegende SAGA das Mikrofon in den Händen hält und Hits wie "Wind Him Up" oder "On The Loose" alte Zeiten aufleben lässt, glimmt rockige Leidenschaft im Publikum auf.

Die Rhythmen und die alten Beats zünden, schon nach wenigen Augenblicken stehen die Leute in den Reihen und klatschen den Takt mit. Die Musiker der Mat Sinner Band geben das ihre dazu, das Feeling aus der noch längst nicht vergangenen Ära anzuheizen. Leider dominieren bald schon die E-Gitarren und Drums den Sound und das komplette Symphonieorchester hat Mühe, zwischen all den taffen Riffs und hämmernden Beats wahrgenommen zu werden.

Die Organisatoren von Rock meets Classic haben in dieser Neuauflage der bewährten Show überraschenderweise ihr Konzept geändert. Die Old-Stars bestreiten nicht mehr einen jeweils eigenen Block, sondern wechseln nach zwei bis drei Songs durch. Für das Publikum wird die fulminante Show aus Musik, Licht, Leidenschaft, Pyrotechnik und verhaltenem Streichersound dadurch abwechslungsreicher und spannender. Zudem verlieren die faszinierten Fans im Wirbel der Veränderungen und eng getakteten Hits das Zeitgefühl, denn Musiker und Stars verzichten auf eine Pause und ackern zweieinhalb Stunden nonstop bis zum Finale.



Überraschungen liefern auch manche Interpreten, wie etwa Eric Bazilian, der musikalische Chef der Hooters. Mit den Evergreens "Johnny B" oder "Satellite" hängen die Fans bis hinauf in die Ränge an seinen Lippen und im Song "All You Zombies" hat er sogar ein paar deutsche Liedzeilen eingebaut. Klar, dass ihn das Publikum dafür ganz besonders mit Applaus überschüttet. Leo Leoni und Nic Maeder, der Gitarrist und der Sänger der Schweizer Rockband Gotthard haben leichtes Spiel, nahtlos mit Bässen, die an der Frisur rütteln und die Fußsohlen elektrisieren, nachzulegen. Selbst die Geigerinnen im Orchester stampfen den Takt mit den Füßen mit. Natürlich bekommt auch das Orchester sein Solo. Sie intonieren machtvoll die Titelmelodie zum Kinohit "Fluch der Karibik", und Dirigent Bernhard Wünsch wird dabei in einem Säbelduell mit einem Piraten effektvoll niedergestreckt. Es sind große Gesten, die von der Bühne herab ins Publikum gestreut werden und große Emotionen, die zurückbranden. Mit verantwortlich für diese Emotionen sind John Helliwell und Jesse Siebenberg von Supertramp. Ihr "Give A Little Bit" ist wie eine Zeitreise, ein klingendes Fotoalbum mit Erinnerungen und Momentaufnahmen einer ganzen Ära.

Sicher, all die Stars sind älter geworden, aber auf der Bühne scheint dies nur für die körperliche Hülle zu gelten. Francis Rossi, die Ikone von Status Quo - er ist der Einzige, der nur in der Schlusssequenz auftritt - kokettiert ein wenig mit seinen Falten und flirtet dennoch mit einer hübschen Blondine in der ersten Stuhlreihe. Doch der Sound des Orchesters und der Band, der Spirit der Songs und das Feuer aus dem Publikum scheinen ihn förmlich schweben zu lassen. Der Klassiker "In The Army Now" bringt die Luft unter dem Blechdach zum Brodeln, und jeder weitere Beat heizt die Atmosphäre weiter auf. Selbst die Geigerinnen aus dem Orchester schauen ungläubig auf den charismatischen und höchst agilen 69-jährigen Weltklasse-Entertainer, wenn er ein Gitarrensolo wie einst in den wilden Tagen entfacht. Rossi befeuert den grandiosen Final-Act der Show zum akustischen Funkenregen, bevor alle noch einmal auf die Bühne kommen. Eine vehement eingeforderte Zugabe aber bleibt aus.
 

Lorenz Erl