Abgeholzt

09.05.2010 | Stand 03.12.2020, 4:02 Uhr

Tiefpunkt des Festivals: "Amazonas Konferenz". - Foto: Koerner

München (DK) Es wäre besser gewesen, die Gelder in die Rettung des Regenwalds direkt zu investieren, als ein Musiktheater zu realisieren, das im Moment seiner Geburt bereits tot ist.

Dieser Eindruck bleibt zurück nach der Uraufführung des dreiteiligen Amazonas"-Projekts bei der 12. Münchener Biennale für neues Musiktheater. Mit "allen virtuellen und multimedialen Möglichkeiten" sollten die "Aspekte der amazonischen Zukunft" aufgefächert werden, so das Programmheft. Dafür wurden internationale Kooperationspartner und Förderer zusammengetrommelt, doch es war vergebens: Vier Stunden, eine gefühlte Ewigkeit, mühte man sich durch dieses Mammut-Hirngespinst, an dem fünf Jahre herumgewurschtelt wurde. Das dringende Thema rund um die Abholzung des Regenwaldes erreichte kein internationales Niveau. Das war schon im ersten Teil "Tilt" so, den der Münchner Klaus Schedl beisteuerte. Ein banal improvisierendes Ensemble mühte sich gegen technisch einfachste elektronische, auch rockmusikalische Klänge ab.

Auf drei Leinwänden wurden "Aktionen" von drei Darstellern oder Worte übertragen. Es hätte um alles Mögliche gehen können: Diesem Musiktheater war der Regenwald schnuppe. Dass es mit "A Queda do Céu" (Der Einsturz des Himmels) des Brasilianers Tato Taborda schlimmer kam, erstaunte. Bevor man durch einen Wald schlendern durfte, in dem man sich eher in einem Indianerzelt aus der Kinderzeit wähnte, wurde ein Sprechtheater geplappert. Im Wald hingegen kreischte und jaulte es.

Lautakrobatik stieß auf eine Musik, die – völlig austauschbar – Geräuschhaftes, Tradition und Folklore bemühte. Schauspieler in Masken irrten umher, die Geister des Waldes. So war man dankbar für die technisch eindrückliche Visualisierung, die die "Amazonas-Konferenz" des Zentrums für Kunst und Medientechnologie Karlsruhe (ZKM) einläutete. Das Konzept hatte sich Peter Weibel ausgedacht, und freilich waren auf der eigentlichen fiktiven Konferenz zur Zukunft des Regenwaldes die Wirtschaft und die Politik die Bösen. "Der Marktnihilismus ist der wahre Terrorismus", hieß es: Auch Musiktheater kann Terror sein.