"Wir werden euch jagen": Anonymous kämpft gegen den Terror - aber wie?

23.11.2015 | Stand 02.12.2020, 20:31 Uhr

−Foto: Screenshot YouTube

Ingolstadt (DK) „Von jetzt an gibt es für euch keinen sicheren Ort mehr im Netz“, droht Anonymous dem Islamischen Staat. Wer sich hinter den Guy-Fawkes-Masken verbirgt, die man von Demonstrationen kennt, ist meist ein gut gehütetes Geheimnis. Gerade jetzt, denn die Hacker haben dem IS den Krieg erklärt. Doch was bedeutet das?

Wie droht Anonymous dem IS? 
In einem Video hat Anonymous dem IS den Krieg erklärt: „ISIS, wir werden euch jagen, eure Webseiten, Emails und Onlinekonten aus dem Netz nehmen, und eure Identität aufdecken. Von jetzt an gibt es für euch keinen sicheren Ort mehr im Netz. Ihr werdet wie ein Virus behandelt werden, und wir sind das Heilmittel.“, heißt es in der Botschaft. Und Anonymous stellt klar: „Wir sind Muslime, Christen, Juden.“ Gemeinsam gegen den Terror also. Der IS hat übrigens direkt reagiert und Verhaltensregeln im Internet an seine Mitglieder herausgegeben: Keine Links aus unbekannten Quellen öffnen, IP-Adressen regelmäßig ändern,...

Wer oder was verbirgt sich hinter Anonymous?
Anonymous – das ist kein Verein, keine Gruppe, kein Netzwerk. Vielmehr ist Anonymous ein Kollektiv, das sich für Meinungsfreiheit stark macht. Die Hacker selbst sprechen von einer Lebenseinstellung. Im Endeffekt sind es Menschen, die sich so gut mit Technik und Computern auskennen, dass sie Sicherheitslücken in Netzwerken finden und diese ausnutzen können. Für ihre eigene Sicherheit ist es für sie wichtig, unerkannt zu bleiben, gerade wenn sie sich wie jetzt mit dem IS anlegen. Unterstützer gibt es weltweit.

Wie können die Hacker dem IS schaden?
Die Aktivisten von Anonymous wollen mit ihren Programmierkenntnissen an Daten herankommen, die die Identitäten von Terroristen preisgeben, und deren Pläne aufdecken. Alle fünf Minuten veröffentlicht die sogenannte „Ghost Security Group“ schon jetzt unter der Adresse @CtrlSec Twitter-Accounts von vermeintlichen Mitgliedern des IS. Zudem wollen sie die Kommunikation der IS-Terroristen im Internet lahmlegen. 

Was ist die „Ghost Security Group“?
Hinter diesem Decknamen stecken IT-Profis, die besonders zielstrebig gegen den IS vorgehen, Identitäten sammeln und diese veröffentlichen, sie sogar an Sicherheitsbehörden weitergeben. Die „Ghost Security Group“ setzt sich aus Anonymous-Aktivisten zusammen, agiert aber nicht mehr unter diesem Namen. 

Wie kommt man zu Anonymous?
Diese Bürgerwehr im Internet rekrutiert sich selbst – wer mitmachen will und über die notwendigen Fähigkeiten verfügt, findet alles, was er dazu braucht, im Internet. Und zwar auf der Seite von Anonymous selbst, denn: „Du bist Anonymous“, wie die Hacker dort titeln. Eine Hierarchie oder eine Teilnehmerliste gibt es nicht, die Mitglieder sind meist Profis genug, um im Internet unerkannt zu bleiben – wie hinter einer Maske eben. Sollte einer enttarnt werden, so lässt sich der Schwarm trotzdem nicht stoppen. 

Wie ist Anonymous entstanden?
In sogenannten Imageboards können anonyme Nutzer unzensiert Fotos und Texte veröffentlichen. Diese Beiträge sind mit „Anonymous“ gekennzeichnet, weil der Autor des Beitrags keinen Namen hinterlässt. Vermutlich kommt daher der Name der Bewegung. Zum ersten Mal weltweite Aufmerksamkeit erlangte Anonymous 2008, als es mehrere Internetseiten von Scientology lahmlegte. Hintergrund war, dass Scientology gefordert hatte, ein Video auf Youtube zu löschen, in dem Tom Cruise über die religiöse Gemeinschaft redet. Anonymous bezeichnete das als Internetzensur. 

Woher stammt die Maske, mit der sich Mitglieder von Anonymous häufig zeigen?
Vorbild für die Gesichtszüge der Maske ist Guy Fawkes. Er war katholischer Offizier in England – und Freiheitskämpfer. 1605 verübte er in London einen Sprengstoff-Anschlag auf König Jakob I. und das englische Parlament. Im Comic und Film „V wie Vendetta“ taucht die Maske mit den Zügen von Guy Fawkes wieder auf – hier wird sie vom fiktiven Freiheitskämpfer „V“ getragen, der gegen ein totalitäres Regime in Großbritannien kämpft. 

Von Isabel Ammer

Ein Interview zu dem Thema mit dem IT-Experten Volker Münch gibt es HIER.