Privat war gestern

25.10.2010 | Stand 03.12.2020, 3:32 Uhr

"Schon beinahe der Tatbestand der organisierten Kriminalität" - ein Kommentar von DONAUKURIER-Chefredakteur Michael Schmatloch zu Googles Datensammlungswut.

Beinahe jeden Tag beschert uns Google neue Hiobsbotschaften. In seinen Bemühungen, alle persönlichen Daten  zu abzugreifen, die uns früher einmal als sensibel galten, fegt der Konzern mit einer fast schon bewundernswerten Kaltschnäuzigkeit über Recht und Gesetz hinweg, ohne dabei Politiker oder Behörden nachhaltig zu verunsichern.
 
Nachdem es zunächst hieß, „aus Versehen“ seien unverschlüsselte Datenschnipsel aus den drahtlosen Computernetzwerken miterfasst worden während der ohnehin umstrittenen Kamerafahrten durch unsere Städte, stellt sich jetzt heraus, dass auch Passwörter, Homebanking-Daten und E-Mails in die Hände einer Firma gefallen sind, die im Grunde schon beinahe den Tatbestand der organisierten Kriminalität erfüllt. Noch ist nicht nachgewiesen, ob neben anderen Ländern auch Deutschland von diesen Machenschaften betroffen ist. Es gibt jedoch keinen vernünftigen Grund, vom Gegenteil auszugehen.
 
Und Beispiele aus den Vereinigten Staaten zeigen, dass der treuherzige Hinweis, diese „zufällig“ erhobenen Daten würden selbstredend sofort gelöscht, keinen Pfifferling wert ist. Denn dort haben sich Mitarbeiter des Konzerns längst der gespeicherten Daten bedient und ein wenig in den Mailfächern von Bürgern herumgeschnüffelt. Es wird wohl auch nicht mehr lange dauern, bis die ersten Bankkonten geplündert werden, zufällig und ohne böse Absicht, versteht sich.
 
Immerhin hat Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner bereits treffsicher festgestellt, dass es sich – wäre auch unser Land betroffen – um einen „klaren Verstoß gegen deutsches Recht“ handeln würde. Dies indes dürfte jedem Bürger auch ohne ministerielle Verlautbarung klar sein. Interessanter wäre, was die Politik zu unternehmen gedenkt, um die Bürger endlich vor diesen Machenschaften zu schützen. Erfahrungsgemäß nichts. Dabei müsste man nicht einmal neue Gesetze beschließen, um dieses Treiben zu beenden. Man bräuchte lediglich geltendes Recht anzuwenden.
 
So etwas allerdings von unseren Volksvertretern zu erwarten, denen offenbar jedes Politbarometer zu interpretieren wichtiger scheint als das eigene Volk vor heimtückischen Übergriffen zu schützen, wäre mehr als blauäugig. Wohlwollend formuliert hat die Politik schlichtweg nicht begriffen, was da gerade passiert. Realistisch betrachtet gehen unseren Politikern die Sorgen und Befürchtungen der Bürger nicht einmal bis unters Hemd. Was sich möglicherweise ja auch am Politbarometer ablesen lässt. Auch darüber sollten die gewählten Volksvertreter einmal nachdenken.