Schaar sieht Handlungsbedarf

19.09.2010 | Stand 03.12.2020, 3:40 Uhr

Pocht auf besseren Datenschutz: Peter Schaar. - Foto:

Berlin (DK) Heute findet in Berlin ein "Google-Gipfel" von Politik, Wirtschaft und Datenschützern statt. Bei dem Treffen geht es um den Umgang mit Street View und anderen sogenannten Geodatendiensten. Einer der Teilnehmer ist der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schar. Er warnt vor der Gefahr, dass durch solche Dienste Persönlichkeitsrechte verletzt werden. Mit Schaar sprach unser Berliner Korrespondent Rasmus Buchsteiner.

Herr Schaar, es gibt hohe Erwartungen vor dem heutigen Spitzentreffen am zum Thema Geodatendienste – ist die Politik nach der Debatte um Google Street View jetzt endlich aufgewacht?
 

Peter Schaar: Es gibt Handlungsbedarf. Das ist erkannt worden. Ob wir ein eigenes Gesetz benötigen, das allein den Umgang mit personenbezogenen Geodaten regelt, wage ich zu bezweifeln. Aber entsprechende Klarstellungen im Bundesdatenschutzgesetz sind notwendig. Bei Geodaten wird es besonders dann problematisch, wenn sie mit anderen personenbezogenen Daten wie zum Beispiel Namen und Adressen verknüpft werden. Und bei allgemein zugänglichen Geodaten besteht die Gefahr, dass Persönlichkeitsrechte verletzt werden.

Die Bundesregierung verzichtet aber auf eine "Lex Google" . . .

Schaar: Wir brauchen keine Einzelfallregelung wie zum Beispiel für Google Street View. Notwendig ist eine gesetzliche Lösung für alle vergleichbaren Angebote. Ich kämpfe dafür, dass der Gesetzgeber ein Widerspruchsrecht für die Nutzung von Geodaten verankert, die über das Internet allgemein zugänglich sind. Dabei darf es keine Rolle spielen, ob die Bilder aus der Straßen-, der Vogel- oder der Satellitenperspektive aufgenommen worden sind. Es kann dem Einzelnen nach meiner festen Überzeugung nicht zugemutet werden, bei jedem einzelnen Anbieter Widerspruch einlegen zu müssen. Eine Meldung bei einem zentralen Widerspruchsregister muss genügen, um der Einstellung unerwünschter Informationen im Internet zu widersprechen. Dieses müsste bei einer vertrauenswürdigen Stelle geführt werden. Danach hätten sich die Anbieter von Geodatendiensten verbindlich zu richten. Vorbild könnte die Robinson-Liste sein. Durch einen Eintrag darin können sich Verbraucher vor unerwünschter Werbung schützen lassen. Es könnte also auch eine digitale Liste geben.

Was spricht gegen eine Genehmigungspflicht für Geodaten-Dienste?

Schaar: Das würde meines Erachtens zu weit gehen. Über Genehmigungsvorbehalte kommen wir im Internet nicht weiter. Wir brauchen sinnvolle Mechanismen für den Ausgleich zwischen legitimen Geschäftsinteressen und schutzwürdigen Belangen von Betroffenen.

Wo beginnt der Schutz der Betroffenen?

Schaar: Für mich gilt zum Beispiel: Dem heimlichen Orten von Smartphone-Nutzern muss ein Riegel vorgeschoben werden. Nur wenn der Betroffene nach entsprechender Information ausdrücklich einwilligt und die Möglichkeit hat, seine Erlaubnis wieder zurückzuziehen, sollte geortet werden dürfen. Für die Handynetzbetreiber gibt es bereits ein Verbot heimlicher Ortungen. Bei Smartphones ist eine Ortung aber unabhängig vom Netz und sehr viel genauer als bei herkömmlichen Mobiltelefonen möglich. Da fehlen noch entsprechende, auch gesetzliche Regelungen zum Schutz der Nutzer. Es muss auch sichergestellt werden, dass es hier nicht zur heimlichen Bildung von Bewegungsprofilen oder zum Zusammenführen mit anderen personenbezogenen Daten kommt.