"Wir brauchen einheitliche Regeln"

01.03.2013 | Stand 03.12.2020, 0:26 Uhr
Jan Philipp Albrecht −Foto: Webel

Brüssel (dk) Jan Philipp Albrecht ist Berichterstatter des Europäischen Parlaments für die Datenschutzgrundverordnung. Im Interview erläutert er, warum unsere Daten für Unternehmen überhaupt so wertvoll sind und was Sinn und Ziel der Verordnung ist.

Warum sind meine Daten für für Facebook und Co. so wertvoll?

Jan Philipp Albrecht: Personenbezogene Daten haben heutzutage den Charakter einer harten Währung. Denn die Finanzierung und der Verkauf von Produkten im digitalen Zeitalter läuft vor allem über personalisierte Werbung. Künstliche Intelligenz ist die Zukunft. Das ist auch das, was mir die Lobbyisten von Google und Co. immer wieder sagen. Das Problem ist, dass dabei die Kontrolle über unsere Informationen verloren geht. Ein Beispiel: Im Moment arbeiten die Luftfahrtkonzerne daran, dass uns in Zukunft Angebote für Flüge nur noch gemacht werden, wenn wir zuvor unsere Daten angegeben haben. Die Folge ist aber nicht, dass wir einen günstigeren Flug angeboten bekommen, sondern dass zum Beispiel diejenigen, die auf einen bestimmten Flug angewiesen sind, einen teureren Preis angeboten bekommen.

Warum braucht man eine Datenschutz-Grundverordnung?

Albrecht: Die Umsetzung der Datenschutzrichtlinie von 1995 ist in den 27 EU-Mitgliedsstaaten sehr unterschiedlich. Das ist ein Problem, da personenbezogene Daten heutzutage überhaupt nicht mehr dort verarbeitet werden, wo ein Mensch sitzt. Wenn ich in Bayern ein Smartphone benutze, werden 80 bis 90 Prozent der personenbezogenen Daten wahrscheinlich nicht einmal in Deutschland verarbeitet. Das eigene Recht gilt also nicht mehr. Deshalb brauchen wir einheitliche Regeln für den europäischen Markt.

Schränkt starker Datenschutz die Nutzer nicht sehr ein?

Albrecht: Da muss man ein Missverständnis korrigieren: Das Datenschutzrecht hindert niemanden, seine Daten zu veröffentlichen. Alleine die Tatsache, dass ich einmal Ja klicken muss, ist keine schwierige Hürde. Aber viele Leute, die zum Beispiel einen bestimmten Job haben, die auf Arbeitssuche sind, oder die einer Minderheit angehören, die Schwierigkeiten haben könnten, wenn es zum Beispiel um die Vergabe von Krediten geht – diese Leute wissen ganz genau, was sie am Datenschutz haben.

Datenschützer kritisieren, dass gerade deutsche Politiker in Sachen Grundverordnung auf die Bremse treten...

Albrecht: Auch ich frage mich manchmal, warum das so ist. Denn letztendlich ist mittlerweile allen klar, dass wir europäische Regeln finden müssen. Daher bräuchte es ein viel stärkeres Engagement gerade aus Deutschland. Denn bei uns gibt es 20, 30 Jahre Datenschutzerfahrung.

Unternehmen kritisieren, dass zu starker Datenschutz ihre Geschäftsmodelle untergraben würden. 

Albrecht: Das ist ein einfaches Argumentationsmuster, das übrigens auch die Tabakindustrie bemüht, wenn es um Tabakregulierung geht. Wer sich allerdings die Texte genau anschaut, sieht, dass der Vorschlag der Kommission keine große inhaltliche Änderung bedeutet, sondern vor allem eine bessere Durchsetzung der bestehenden Rechtslage, dass zum Beispiel Sanktionen verhängt werden können. Dafür führt die Grundverordnung zu einer Wettbewerbsgleichheit in Europa, die die massive Benachteiligung europäischer Unternehmen insbesondere gegenüber der US-IT-Konzerne beseitigt und damit ein Wachstums- und Innovationsprojekt für Europa darstellt.
 
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