Ingolstadt
Seehofer sieht "Datendesaster"

Bayerns Ministerpräsident fordert im DK-Interview Grundsatzdebatte zum Datenschutz

09.07.2013 | Stand 02.12.2020, 23:55 Uhr

Ingolstadt (DK) Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer hat die Geheimdienstenthüllungen Edward Snowdens als „Datendesaster“ bezeichnet und dringt auf eine Grundsatzdebatte zum Datenschutz. Da sei er sich mit Kanzlerin Angela Merkel einig, sagte er dem DONAUKURIER. Unterdessen hat Snowden in Venezuela Asyl beantragt.

Nach Bekanntwerden der massiven Abhöraktionen US-amerikanischer und britischer Geheimdienste müsse auch der deutsche Datenschutz auf den Prüfstand, forderte Seehofer. „Wir müssen uns fragen, ob die Dinge alle so geregelt sind, dass wir der Bevölkerung sagen können: ,Ihr könnt euch auf den Schutz eurer Privatsphäre verlassen.’ Diese Diskussion wollte und will ich anstoßen.“ Darüber habe er auch schon mit Bundeskanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel gesprochen. „Da sind wir völlig im Konsens“, betonte der CSU-Chef. Auch die Vorratsdatenspeicherung will Seehofer zur Diskussion stellen. „Wir müssen aufpassen, dass nicht durch die schiere Masse an Daten die Wahrscheinlichkeit steigt, dass diese Daten Füße bekommen und missbraucht werden.“

Über die Vorratsdatenspeicherung wird derzeit auch auf europäischer Ebene diskutiert. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg verhandelte gestern erstmals über die EU-Richtlinie, die der Regelung zugrunde liegt. Die EU verlangt von den Mitgliedstaaten, sämtliche Telekommunikationsdaten mindestens sechs Monate anlasslos zu speichern. Vor dem EuGH geht es um die Frage, ob das gegen Grundrechte verstößt. Mit einer Entscheidung ist wohl erst in einigen Monaten zu rechnen.

In Sachen Datenschutz forderte Seehofer gegenüber unserer Zeitung auch eine harte Haltung bei Gesprächen mit den Vereinigten Staaten. „Da reicht es nicht, zu sagen: ,Wir dürfen jetzt das transatlantische Verhältnis nicht belasten’“, sagte er. Auch ausländische Behörden müssten sich an deutsche Standards halten. Das vollständige Interview veröffentlichen wir in unserer morgigen Ausgabe.

Derweil hat der Ex-Geheimdienstler Edward Snowden politisches Asyl in Venezuela beantragt. Snowden müsse nun entscheiden, wann er in das lateinamerikanische Land kommen wolle, sagte Staatspräsident Nicolás Maduro. Der US-Bürger Snowden sitzt seit mehr als zwei Wochen im Transitbereich des Moskauer Flughafens Scheremetjewo fest. Neben Venezuela haben auch Bolivien und Nicaragua dem 30-Jährigen Asyl angeboten.

Die Vereinigten Staaten wollen Snowden vor Gericht stellen. Sie werfen ihm Geheimnisverrat vor, weil er unter anderem enthüllt hatte, dass der US-Nachrichtendienst NSA mit seinem Spähprogramm „Prism“ weltweit massiv die Telekommunikation ausspähe. Seite 4

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