Genfer Konvention für Datenschutz gefordert

26.08.2015 | Stand 25.04.2020, 3:49 Uhr
Joseph Cannataci −Foto: Charles Callejaope/European Parliament

London (dk) Eine Genfer Konvention für das Internet hat Joseph Cannataci, der neue UN-Sonderberichterstatter für Datenschutz, gefordert. Das Abkommen solle Datenschutz stärken und der massiven heimlichen Überwachung aller Internetnutzer entgegenwirken. Die gegenwärtige Situation bezeichnete Cannataci im Gespräch mit der englischen Zeitung „the guardian“ als schlimmer als alles, was sich George Orwell („1984“) hätte vorstellen können.

Die Genfer Konventionen sind zwischenstaatliche Abkommen und wichtige Komponenten des Völkerrechts. Sie enthalten zum Beispiel die Regeln, dass Gefangenen oder Zivilisten nichts angetan werden darf und dass Verletzte geborgen und verpflegt werden müssen. Ein ähnlich grundlegendes Gesetz zur Überwachung in der digitalen Welt könnte jene Staaten beschämen, die es nicht unterschrieben, sagte Cannataci. Man dürfe sich auch nicht davon abschrecken lassen, dass einige Länder nicht mitmachen würden. Denn hätte man sich von dieser Aussicht zum Beispiel bei der Chemiewaffenkonvention abschrecken lassen – es würde sie nicht geben.

Cannataci war im Juli 2015 als Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen für Datenschutz ernannt worden. Der maltesische Juraprofessor hat Lehraufträge an der Universität von Malta und der Universität im niederländischen Groningen. Er gilt als streitbarer Gelehrter mit eigener Meinung.

Als besonders abschreckendes Beispiel für eine schwache Geheimdienstaufsicht nannte Cannataci das britische System. So eine schwache demokratische Überwachung der Dienste sei ein Witz. Und zwar ein schlechter Witz auf Kosten der Bürger. Die Frage sei, wie lange man darüber lachen könne.

Cannataci verglich die aktuelle Situation mit George Orwells eine negative Zukunft skizzierenden Roman „1984“. Dieser zeichnet das Bild eines totalitären Überwachungsstaats. Doch der Status quo sei schlimmer als alles, was Orwell vorhersehen hätten können, sagte Cannataci. Denn Winston Smith, der Protagonist in „1984“, hätte immerhin aufs Land fahren und sich unter einen Baum setzen können, ohne erfasst zu werden. Heutzutage sei das aufgrund der omnipräsenten Überwachung kaum mehr möglich.

Für Whistleblower Edward Snowden fand Cannataci nur lobende Worte. Snowden werde auch weiterhin von einigen als Verräter und von anderen als Held angesehen. Doch seine Enthüllungen hätten jenen, die seit Langem in diesem Bereich tätig seien, bestätigt, was seit einer langen Zeit geschehe und gezeigt, in welchem Ausmaß die Dinge außer Kontrolle geraten seien.