München
"Das passt perfekt zum Bier"

Manuela Gotthartsleitner-Wagner ist Veganerin und für ihr Internetportal fast täglich auf der Wiesn

29.09.2016 | Stand 02.12.2020, 19:14 Uhr

Sieht aus wie ein Fleischpflanzerl, ist aber ein Grünkernbratling in der Semmel: Manuela Gotthartsleitner-Wagner hat als Veganerin inzwischen auch auf der Wiesn die Qual der Wahl - so wie am Stand der Familie Anthuber, wo es unter anderem vegane Burger und veganen Leberkäse gibt. - Foto: Stäbler

München (DK) Bier, Hendl, Brezen - das ist die Wiesn-Dreifaltigkeit. Noch. Denn immer mehr Zelte bieten inzwischen auch vegetarische und vegane Speisen an. Manuela Gotthartsleitner-Wagner (41) ist Veganerin und für ihr Portal "Veggiewiesn.de" fast täglich auf dem Oktoberfest. Ein Gespräch über veganen Leberkäse, Gemüsepflanzerl - und wieso Wirte-Sprecher Toni Roiderer all das für "Schmarrn" hielt.

 

Frau Gotthartsleitner-Wagner, wie schmecken vegane Gemüsepflanzerl mit Quinoa?

Manuela Gotthartsleitner-Wagner: Ich persönlich finde das ziemlich lecker. Das Gericht kommt dem sehr nahe, was ich mir auch daheim koche. Und ganz wichtig: Es passt perfekt zu Bier!

 

Diese Gemüsepflanzerl stehen heuer bei der Wiesn im Augustiner-Zelt auf der Karte ...

Gotthartsleitner-Wagner: Und das ist eine echte Sensation. Schließlich ist das Augustiner das traditionellste aller Wiesnzelte. Das heißt also schon was, wenn es mittlerweile sogar dort ein explizit veganes Gericht gibt.

 

18 vegane und 43 vegetarische Hauptgerichte hat der Vegetarierbund heuer in den Wiesnzelten gezählt. Vor ein paar Jahren sah das noch anders aus.

Gotthartsleitner-Wagner: Ich gehe jetzt seit mehr als zwanzig Jahren als Vegetarierin oder Veganerin auf die Wiesn, und früher habe ich dort kaum mal was gegessen. Da hatte man höchstens die Wahl zwischen Knödel ohne Soße, Pommes von irgendeinem Standl oder Brezen, Brezen und nochmals Brezen.

 

Wann hat sich das geändert?

Gotthartsleitner-Wagner: Angefangen hat es im Herzkasperl-Zelt auf der Oidn Wiesn, das muss 2013 gewesen sein. Dort gab's erstmals ein veganes Hühnerfrikassee, was die Presse groß aufgegriffen hat und auch sonst gut angekommen ist.

 

Und die anderen Zelte haben nachgezogen?

Gotthartsleitner-Wagner: Ja, Stück für Stück. Ich glaube, die Wirte haben bemerkt, dass sie zwar auf Tradition setzen müssen, aber trotzdem mit der Zeit gehen sollten. Wir haben vor zwei Jahren erstmals für "Veggiewiesn.de" bei den Wirten angefragt und uns nach veganen und vegetarischen Gerichten erkundigt.

 

Wie waren die Reaktionen?

Gotthartsleitner-Wagner: Einige haben gar nicht geantwortet, und manche haben nur geschrieben: Wir haben nichts. Der Wirte-Sprecher Toni Roiderer hat damals sogar bei uns angerufen und gesagt: Ich wünsche euch zwar viel Glück, aber ich halte das alles für einen Schmarrn.

 

Und heute?

Gotthartsleitner-Wagner: Heute gibt's in seinem Hacker-Zelt ein vegetarisches Gericht, aber noch keine veganen Speisen. Doch das ist wirklich die Ausnahme: Auch als Veganer bekommst du heute fast überall zumindest ein Hauptgericht - und ich bin überzeugt, dass sich das mehr und mehr etablieren wird.

 

Weil vegan gerade schwer im Trend liegt - vor allem in den Medien?

Gotthartsleitner-Wagner: Nein, weil das eine dauerhafte Entwicklung ist. In den vergangenen Jahren ist es beim Thema vegetarisch und vegan Schritt für Schritt nach vorne gegangen, aber nie einen Schritt zurück - egal, ob das jetzt bei Restaurants war oder auf der Wiesn.

 

Was ist Ihr persönlicher Essenstipp auf der Wiesn?

Gotthartsleitner-Wagner: Das vegane Hauptgericht im Winzerer Fähndl hat mir richtig gut geschmeckt, das waren Curry-Kartoffel-Gnocchi mit Gemüse. Ein Geheimtipp für Veganer ist auch der Stand der Familie Anthuber in der Wirtsbudenstraße 84. Da gibt's Fleischpflanzerl, Bratwürste und Leberkäse - alles vegan.

 

Veganen Leberkäse? Da muss man sich als Hendl-Liebhaber ja langsam Sorgen machen.

Gotthartsleitner-Wagner: Nein, so weit ist es sicher noch nicht. Die klassischen Fleischgerichte sind auf der Wiesn nach wie vor überall präsent - und das wird sich so schnell auch nicht ändern. Wir sind noch nicht so weit, dass die Hendl vom veganen Leberkäse abgelöst werden.

 

Sie sagen "noch"?

Gotthartsleitner-Wagner: Naja, zumindest ich werde das wohl nicht mehr erleben, fürchte ich.

 

Das Interview führte

Patrik Stäbler.