Nicht einsatztauglich

26.04.2011 | Stand 03.12.2020, 2:53 Uhr

München (DK) Streit um Funkstandorte, steigende Kosten – und nun auch noch Probleme mit der Technik: Der Ausbau des Digitalfunks in Bayern wird abermals durch einen Rückschlag gebremst. Wie jetzt bekannt wurde, hat die Münchner Polizei, die die neue Technik seit Ende des vergangenen Jahres für den Freistaat testet, den "erweiterten Probebetrieb" schon Mitte Februar wieder unterbrochen. Offenbar war die Funkqualität nicht einsatztauglich. Grund ist möglicherweise ein Problem mit der Systemtechnik, die von der Firma Cassidian geliefert wird.

Der digitale Funk soll die Kommunikation von Sicherheitskräften wie Polizei, Feuerwehr und Katastrophenschutz erleichtern. Die bundesweite Einführung wird aber seit Jahren von Geheimniskrämerei und Verzögerungen begleitet. Aus Sicherheitsbedenken wollte die zuständige Behörde mit dem sperrigen Namen Bundesanstalt für den Digitalfunk der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BDBOS) die Standorte von Funkantennen möglichst nicht öffentlich machen – bis sich immer mehr Protest regte. Noch immer gibt es vielerorts Widerstand gegen die Sendemasten.
 

Zuletzt musste Innenstaatssekretär Gerhard Eck (CSU) dann noch einräumen, dass das Projekt für den Freistaat deutlich teurer wird, als geplant. Statt 780 Millionen Euro werden Aufbau und Unterhalt nun 920 Millionen Euro kosten.

Und jetzt die Probleme mit der Technik. "Wir haben auf Herz und Nieren geprüft", sagt eine Sprecherin von DigiNet, der zuständigen Projektgruppe im bayerischen Innenministerium. Bei sämtlichen Einsätzen sei der Digitalfunk "unter Volllast" genutzt worden. Bis Mitte Februar. Da kehrte die Münchner Polizei wieder zur analogen Technik zurück. Vor allem, weil die Endgeräte ständig zwischen einzelnen Funkzellen hin- und hersprangen, wie die Sprecherin erklärt. Immer wieder wurden Gespräche unterbrochen. Solche Aussetzer der Systemtechnik gelten als Fehler der "Priorität 1", bei denen die Probe keinen weiteren Sinn ergibt. Eine Generalüberholung ist nötig.

Dass die Systemtechnik des Unternehmens Cassidian aus Unterschleißheim nicht ausgereift ist, will allerdings noch niemand bestätigen. Es geht um Haftungsfragen, vertragliche Ansprüche – und somit um viel Geld. Bei Tests seien die anderen Komponenten allerdings "unauffällig" gewesen, sagt die DigiNet-Sprecherin. Bei früheren Probeläufen auf dem Münchner Oktoberfest habe der Digitalfunk zudem einwandfrei funktioniert. Trotzdem hält auch Staatssekretär Eck es – zumindest offiziell – für möglich, dass die einzelnen Teile einfach im Zusammenspiel nicht funktionierten. Das habe keiner überprüft, kritisiert er. Im Innenministerium betont man, dass für die Technik nicht der Freistaat zuständig sei. Vertragspartner seien Cassidian und die BDBOS. "Wir können nur testen und unsere Erfahrungen weitergeben", heißt es.

Bei Cassidian hält man sich allerdings bedeckt. "Ich will das nicht kommentieren", sagt eine Sprecherin und verweist an die BDBOS. Aber auch dort war gestern niemand für eine Stellungnahme zu erreichen.

Wann der Digitalfunk tatsächlich vollständig eingeführt werden kann, erscheint angesichts des Rückschlags fraglich, das Jahr 2014 steht im Raum. Zeitpläne, so scheint es, sollte man bei dem Projekt allerdings mit Vorsicht genießen. Schließlich sollte ursprünglich schon zur Fußball-WM 2006 digital gefunkt werden.