Wolnzach
Erdfloh und Spezialsorten

Hopfenkongress informiert sich in Wolnzach-Hüll über aktuelle Themen

29.07.2015 | Stand 02.12.2020, 20:58 Uhr

Wolnzach (DK) Er ist winzig klein, gerade mal zwei bis knapp drei Millimeter lang und halb so breit. Der Schaden, den der Hopfenerdfloh anrichtet, kann indes immense Summen ausmachen. Wie das Krabbeltier in Schach zu halten ist, aber auch woran sonst geforscht wird und welche Sorten sich im Moment in der Züchtung befinden, erfuhren die rund 150 Teilnehmer beim 55. Kongress des Internationalen Hopfenbaubüros gestern im Hopfenforschungszentrum Wolnzach-Hüll (Kreis Pfaffenhofen). Sie bekamen außerdem zu sehen, welche technischen Neuerungen es rund um Anbau und Ernte gibt.

Das Branchentreffen fällt in stürmische Zeiten, denn der Hopfenmarkt steht vor einem tief gehenden Wandel. Neue Biere – vor allem junge Konsumenten fordern danach – verlangen nach neuen Spezialaromasorten. Dieser Hopfen findet in den USA inzwischen weite Verbreitung, macht aber auch in Deutschland bereits 50 Prozent der Produktionsmenge aus. Die Vereinigten Staaten dürften, so die Prognose, bei der Anbaufläche bald größte Hopfennation werden und Deutschland von Platz eins verdrängen. Auf dem noch bis morgen dauernden Kongress in Bad Gögging besteht für die Teilnehmer die Möglichkeit, sich in Sachen Produktion und Vermarktung neu zu orientieren.

Phil Grower dürfte wohl die weiteste Anreise verbuchen können. Der Hopfenbauer stammt aus Nelson in Neuseeland. Der Weg nach Bayern habe sich für ihn dennoch gelohnt, findet er, nicht nur wegen der großen Gastfreundschaft der Leute hier. „Die Hopfenindustrie in Deutschland gilt als sehr modern, und die Maschinen sind überaus fortschrittlich“, stellt er fest. „Da sind wir in Neuseeland ziemlich im Hintertreffen.“ Es sei „wichtig, dass wir ein weltweites Netzwerk aufbauen, um uns ständig auszutauschen“.

Das Miteinander über Grenzen hinweg ist für Ann George aus dem US-amerikanischen Yakima ebenfalls das Hauptargument für ihre Teilnahme am Kongress. Als Geschäftsführerin der „Hop Growers of America“ reist sie regelmäßig ins Hopfenforschungszentrum Hüll. „In der Hopfenwirtschaft beschäftigen wir uns doch alle mit denselben Themen, auch wenn das Klima, die Böden oder die Schädlinge in den Ländern unterschiedlich sein mögen“, sagt sie. Umso wichtiger sei der Austausch: „Wir können zweimal so viele Dinge erledigen, wenn wir kooperieren.“ Ihr Landsmann Jim Boyd aus Moxee pflichtet ihr bei: „Es gibt immer neue Entwicklungen. Vielleicht haben sie hier etwas, das mir weiterhilft, und umgekehrt.“

Freddy Merkling aus Obernai im Elsass ist Biohopfenbauer. „Das heißt nicht, dass wir nicht spritzen. Hier in Hüll kann ich mich darüber informieren, wie wir die Mengen reduzieren können“, sagt der Franzose. Ihn interessiert außerdem das von einer Geisenfelder Firma vertriebene Drahtaufhängegerät. Es vereinfacht eine ansonsten lästige Arbeit im Hopfenanbau und spart obendrein Personal. Marion Pichlmeyer aus Grafendorf im Freisinger Raum schätzt besonders den Einblick in andere Hopfenbauernhöfe. „Sonst wird man doch betriebsblind. Oft sieht man woanders Kleinigkeiten, die man übernehmen kann, um die Abläufe daheim zu vereinfachen. Wir Hopfenbauern sind wie eine große, weltweite Familie“, sagt sie.

Die modernen Spezialaromasorten schmecken unter anderem nach Melone, Zitrone oder harzig. Was alteingesessene Bayern vielleicht mit Grausen erfüllen mag, ist für junge Leute weltweit das Nonplusultra. „Die neuen Sorten haben das Bier wieder in den Fokus gerückt“, freut sich Michael Möller, Vorstandsvorsitzender der Gesellschaft für Hopfenforschung.

„In Hüll entwickeln wir schon viele Jahren solchen Hopfen“, sagt Anton Lutz. „Mandarina Bavaria“ zum Beispiel, der Name beschreibt den Geschmack. Lutz arbeitet in der Züchtungsforschung bei der Landesanstalt für Landwirtschaft. Und was den eingangs erwähnten Erdfloh betrifft, arbeitet das Institut bereits an Gegenmitteln: Sexuallockstoffe sollen die Tierchen auf Klebefallen locken und ihnen den Garaus machen.