Wolnzach
Die Angst geht um

Neue Düngeverordnung und Pflanzenschutzregelungen stellen Hopfenbauern vor große Probleme

24.02.2017 | Stand 02.12.2020, 18:35 Uhr
Sehen durch die neuen Regelungen die Existenz des Hopfenbaus bedroht: Otmar Weingarten (von links) und Adolf Schapfl vom Hopfenpflanzerverband Hallertau. −Foto: Trouboukis

Wolnzach (DK) "Wir laufen gegen Mauern." Streichungen im Pflanzenschutz und die Düngeverordnung seien existenzbedrohend für den Hopfen, sagen Adolf Schapfl und Otmar Weingarten vom Hopfenpflanzerverband Hallertau. Weil sie sich alleingelassen fühlen, gehen sie an die Öffentlichkeit.

Der Hammer kam im Dezember. "Erst haben wir wochenlang nichts gehört - und dann das." Otmar Weingarten ist schon seit Jahrzehnten Geschäftsführer des Hopfenpflanzerverbandes, verfügt über ein breites Netzwerk an Kontakten und hat schon viele Kämpfe ausgefochten. "Wir haben es in gegenseitigem Vertrauen und mit internationaler Kommunikation immer irgendwie geschafft, Lösungen zu finden", sagte er in Wolnzach.

Dieses Mal jedoch nicht. Die neue Düngeverordnung, deren Inhalte im Dezember bekannt wurden und die in wenigen Wochen greifen soll, lässt die Fachleute des Hopfenpflanzerverbandes an allem zweifeln, was sie bisher erfahren haben. Laut Adolf Schapfl - der Vorsitzende des Hallertauer Pflanzerverbandes ist erfahrener Hopfenbauer und kämpft ebenfalls seit vielen Jahren im Pflanzerverband und der Hopfenverwertungsgenossenschaft für den Hopfenbau - ist fassungslos: "Hier sind Dinge festgesetzt, die sich im Hopfenbau gar nicht umsetzen lassen - selbst, wenn wir das wollten." Als Beispiel führt er das Ausbringen des Rebenhäcksels an. Grundproblem dabei: Nach der neuen Düngeverordnung gilt das Häckselgut der Hopfenreben nicht als Ernterückstand, weil es nicht auf dem Feld, sondern erst nach Abzupfen der Hopfenreben in der Pflückmaschine und damit auf dem Hof entsteht.

Nach der in der neuen Verordnung festgesetzten Sperrfrist müsste der Rebenhäcksel bis 1. Oktober ausgebracht sein. "Aber unsere späten Sorten werden ja erst Ende September geerntet, wie soll das also gehen" Eine Frage, die Schapfl und Weingarten schon an vielen Stellen vorgebracht und auch in einem eindringlichen Brief an den bayerischen Landwirtschaftsminister Helmut Brunner (CSU) formuliert haben. Nur ein kleines Entgegenkommen habe es durch die massive Intervention bislang gegeben: eine Einzelfallregelung, die Hopfenbauern für späte Sorten beantragen können.

Das Grundproblem sehen Schapfl und Weingarten dadurch jedoch keinesfalls gelöst, denn der Rebenhäcksel wirft noch weitere, dicke Fragen auf: Nach der neuen Verordnung dürfen nämlich überhaupt nur mehr 60 Prozent ausgebracht werden - die restlichen 40 Prozent müssten die Hopfenbauern einlagern und ab März erst ausbringen. "Da fragen wir uns: Wo sollen wir das denn einlagern, was ist mit Geruch und Sickersäften und überhaupt können wir im März gar kein Häckselgut in die Hopfengärten bringen", kritisiert Schapfl. Grund: Im März stecken die Drähte bereits in den Hopfenpflanzen, mit einem Miststreuer sind die Gärten dann nicht mehr befahrbar, von der Gefahr durch Bodenverdichtung möchte der Landwirt erst gar nicht reden. "Wir haben unzählige Gespräche geführt und geredet und geredet", ist Pflanzerverbandsgeschäftsführer Weingarten regelrecht verzweifelt. "Jetzt stehen wir da und wissen nicht, was wir machen sollen. Wir wissen nur, dass wir das im Hopfen einfach nicht umsetzen können."

Doch die Düngeverordnung ist nicht das einzige Problem, auch im Pflanzenschutz sollen Wirkstoffe gestrichen werden, die für den Hopfenbau unverzichtbar seien: Deiquat, der Wirkstoff für das Mittel Reglone zum Hopfenputzen und auch das gegen Bodenschädlinge eingesetzte Insektizid Actara auf Neonikotinoid-Basis sollen wegfallen.

Weingarten ist aufgebracht, gerade weil der Hopfenbau beispielhaft im integrierten Pflanzenschutz, im verantwortungsbewussten Umgang mit den eingesetzten Mitteln sei. Ein Wegfall von Reglone hätte beispielsweise keinesfalls den Einsatz von geringeren Pflanzenschutzmittelmengen zur Folge. Im Gegenteil: "Wenn ich von unten her mehr Befall habe, muss ich von oben mehr spritzen", erklärt Schapfl.

Die Regelungen seien paradox und gingen an der Realität vorbei. Verbandsgeschäftsführer Weingarten verweist auf den Pflanzenschutzindex, den jeder einsehen könne, die Leitlinien für den integrierten Pflanzenschutz, sogar ein Bienen-Monitoring sei durchgeführt worden. "Bienen fliegen den Hopfen nicht einmal an", sagt Verbandschef Schapfl. "Wegen des Hopfens muss keine Biene sterben, das haben Fachstellen bewiesen."

Aber diese Fachmeinung von Instituten und Behörden werde in Brüssel nicht gehört, die Begründungen für das Streichen der Wirkstoffe sind laut Weingarten "oft fadenscheinig". Warum das so ist, auch dafür hat der Verbandsgeschäftsführer eine Erklärung: "In dem Moment, wo Brüssel ins Spiel kommt und damit die große Politik, da zählen fachliche Beurteilungen nichts mehr. Das ist Fakt." Festsetzungen würden dann erlassen, die auf dem Papier zwar gut ausschauen, in Wirklichkeit allerdings vom Landwirt nicht umsetzbar sind. "Wir brauchen Hilfe und hoffen, dass die Politik doch noch ein Einsehen hat", sagen Weingarten und Schapfl. Langfristig sei sonst der Hopfenbau in seiner Existenz ernsthaft bedroht.