Hilpoltstein
Wechselspielchen im Polizeipräsidium

Vize Roman Fertinger soll Polizeichef Johann Rast im Juni beerben - "Vertrauter" von Markus Söder

24.04.2018 | Stand 23.09.2023, 3:00 Uhr

Nürnberg (HK) Ärger und Querelen soll es bei der mittelfränkischen Polizei laut Schlagzeilen geben. Grund ist ein überraschender Personalwechsel an der Polizeispitze. Johann Rast soll bereits Ende Juni seinen Hut nehmen. Der amtierende Polizeichef wird durch den "Wunschkandidaten" des neuen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) und bisherigen Vizepräsidenten, Roman Fertinger, ersetzt.

Die Entscheidung hat Innenminister Joachim Herrmann (CSU) am Wochenende bestätigt. Roman Fertinger, der nun von Herrmann offiziell zum designierten Nachfolger ausgerufen worden ist, sei ein "Duzfreund" und "Vertrauter" von Söder, hat es vorher geheißen. Bei diesen Schlagworten steht besonders in Wahlkampfzeiten schnell der Verdacht von Vetternwirtschaft im Raum. Garniert wird dieses unterschwellige Misstrauen mit der Tatsache, dass Roman Fertinger, der sich vom einfachen Streifenbeamten zum Spitzenpolizisten hochgearbeitet hat, ein überzeugter weil bekennender Christ ist.

Ferner sei Fertinger ein "führender Kopf" der "Christlichen Polizeivereinigung" (CPV), schreibt der Polizeireporter des Bayerischen Rundfunks (BR), Oliver Bendixen, der die geplante Personalrochade bei der Polizei vor wenigen Tagen publik gemacht hat. Laut Bendixen verstehe sich die CVP "als überkonfessionelle Gruppierung christlich orientierter Polizisten". Diese pflege "enge Kontakte zu Mitgliedern der Staatsregierung". Die fränkischen CSU-Granden Günther Beckstein (ehemaliger Ministerpräsident und langjähriger Innenminister aus Nürnberg), Joachim Herrmann (amtierender Innenminister aus Erlangen sowie ehemaliger Spitzenkandidat seiner Partei bei der Bundestagswahl im Herbst) sowie Markus Söder (frisch gebackener Ministerpräsident aus Nürnberg) seien "immer wieder Gäste der CPV-Jahresempfänge" gewesen, schreibt Bendixen für den BR.

Vor dem Hintergrund der angeblichen Begleitumstände des nun bestätigten Führungswechsels - erst soll Joachim Herrmann im vergangenen Jahr den über 60-jährigen Johann Rast aufgefordert haben, noch ein Jahr länger bis zur Pension zu warten, jetzt soll Herrmann den Polizeichef auf Wunsch des neuen Ministerpräsidenten Söder zum schnellen Verzicht auf ein weiteres Amtsjahr gedrängt haben - könnte zumindest der Eindruck entstehen, dass Söder "seinen Vertrauten" an die Spitze der mittelfränkischen Polizei bugsieren will. Zumal die Gewerkschaft der Polizei (GdP) in Person ihres Landesvorsitzenden aus Oberbayern, Peter Schall, von einem "peinlichen Vorgang" spricht. Der Landeschef der konkurrierenden Polizeigewerkschaft (DPoIG), Rainer Nachtigall aus Nürnberg, spricht dagegen von einer "personalpolitischen Entscheidung".

Aus dem Polizeipräsidium gibt es offiziell nur die Bestätigung, dass "Herr Rast nach Ablauf seiner vierten, je einjährigen Verlängerung zum 30. Juni diesen Jahres in den Ruhestand" geht. Ferner teilt die Polizeisprecherin Elke Schönwald auf Anfrage mit, dass sich weder Polizeipräsident Rast noch Vizepräsident Fertinger an Personalspekulationen beteiligen.
 

Polizei und Gewerkschaft

Roman Fertinger (Jahrgang 1957) trat nach dem Besuch der Real- und der Fachoberschule im Jahr 1975 in die Bayerische Bereitschaftspolizei ein, woraufhin er drei Jahre lang als Streifenbeamter in Nürnberg arbeitete. Von 1982 bis 1984 studierte er an der Fachhochschule in Fürstenfeldbruck und wechselte in den gehobenen Polizeidienst. 1990 trat er den höheren Polizeivollzugsdienst ein und absolvierte daraufhin ein Studium an der Führungsakademie Münster-Hiltrup. Nach Übernahme von Leitungsaufgaben im höheren Dienst wurde er 2011 zum Polizeivizepräsidenten Mittelfrankens in Nürnberg berufen.

Die GdP ist mit offiziell 174 000 Mitgliedern die größere der beiden Arbeitnehmervertretungen und im Deutschen Gewerkschaftsbund organisiert. Sie steht der SPD nahe.

Die DPolG ist erst später entstanden, hat offiziell 94 000 Mitglieder, gehört zum Deutschen Beamtenbund und steht der Union nahe. Überdies werben beide Organisationen um dieselben Polizisten als Mitglieder.

Der Bund Deutscher Kriminalbeamter mit rund 15 500 Mitgliedern steht zwischen den Fronten.

Die Christliche Polizeivereinigung hat Verbindungen zu rund 4000 Polizisten. Ein Freundeskreis umfasst gut 1500 Personen aus Politik, Wirtschaft, Kirchen und Kultur. Vorsitzender ist Kriminalhauptkommissar Holger Clas (Hamburg). npe

Nikolas Pelke