Vohburg
Stunde der Spürnasen

Bei Suchaktionen wie im Fall Alexander sind die Rettungshundestaffeln unersetzlich

11.04.2016 | Stand 02.12.2020, 19:58 Uhr

Foto: Horst Richter

Vohburg (DK) Die Suchaktion nach dem kleinen Alexander aus Vohburg und der glückliche Ausgang des Vermisstenfalls beherrschten auch gestern vielerorts das Tagesgespräch. Neben den Eltern atmeten auch zahlreiche Helfer auf, darunter 35 Hundeführer, die an der Suche nach dem Buben beteiligt waren.

Die Spürnasen der vom Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) getragenen Rettungshundestaffeln sind immer dann gefragt, wenn Menschen plötzlich verschwinden. Das kann nach einem angedrohten Suizid sein, wenn jemand irgendwo versehentlich in ein Gewässer fällt und abtreibt, aber auch dann, wenn sich jemand verirrt. Elke Hofmann leitet die Ingolstädter Staffel und war mit ihrem Team als eine der ersten Helfer an der Stelle im Dürnbucher Forst im Kreis Pfaffenhofen, wo die Mutter des fünfjährigen Alexander ihren Sohn aus den Augen verloren hatte. Mit Hofmann waren elf weitere Ingolstädter Mitglieder und deren Hunde gekommen. Die Suche begann.

"Unser Problem war, dass der Bub uns zwei Stunden voraus war. Und keiner hat gewusst, in welche Richtung er gelaufen ist." Die Rettungshundestaffel forderte also Verstärkung an, denn "es handelt sich um ein riesiges zusammenhängendes Waldgebiet", sagt die 38-jährige Staffelleiterin. Am Ende waren 20 Ortsgruppen mit 35 Tieren angerückt. "Unsere Suche funktioniert so, dass wir zum einen Flächensuchhunde einsetzen. Sie laufen frei im Gelände herum und suchen nach Spuren von Menschen, ohne vorher an Geruchsträgern geschnuppert zu haben. Finden sie etwas, schlagen sie sofort an."

Daneben, so erläutert die Expertin, gebe es noch die Personensuchhunde. "Sie bekommen eine Geruchsprobe von dem Vermissten und können dann gezielt stöbern." Das klingt einfach, war es aber im Fall des vermissten Alexander nicht. "Kleine Kinder tragen sehr viele Fremdgerüche an sich, weil die Eltern oder andere Erwachsene ihnen dauernd helfen. Man zieht ihnen Schuhe an, macht den Anorak zu oder setzt ihnen eine Mütze auf." Da falle es dem Hund schwer, sich auf den eigentlichen Geruch des Gesuchten zu konzentrieren.

"Kinder sind außerdem nicht so berechenbar wie Erwachsene", sagt Elke Hofmann - sie nimmt seit 18 Jahren an solchen Suchen teil und kann auf viel Erfahrung verweisen. "Wenn ein verirrter Erwachsener an eine Straße kommt, dann denkt er logisch und folgt ihr, weil ja irgendwann ein Ort oder ein Auto kommen muss. Kinder tun das nicht unbedingt." Wie recht sie hat, zeigt der aktuelle Fall: Alexander hatte die B 300 erreicht, war über die viel befahrene Straße gelaufen und drüben wieder im Forst verschwunden - vielleicht war es die bessere Option, andernfalls wäre er wohl unter die Räder geraten.

"Wir dürfen uns aber nie allein auf die Hunde verlassen, sondern müssen alle Optionen ausschöpfen", sagt die Hundestaffelleiterin. Soll heißen: Feuerwehr, Helikopterbesatzungen, THW, Wasserwacht und andere Helfer müssen auch ausschwärmen. Von denen gab es mehr als genug, gut 350 suchten nach dem Fünfjährigen. "Die Hilfsbereitschaft war enorm, auch von Privatleuten, das war echt faszinierend", sagt Elke Hofmann. Peter Grießer vom Polizeipräsidium in Ingolstadt kann das nur bestätigen. "Da war wirklich alles auf den Beinen."

Polizeihunde waren dagegen kaum zu sehen, und das hat seinen Grund, wie Christian Linden von der Ingolstädter Dienststelle der Hundeführer erläutert. "Unsere Hunde sind überwiegend für den Schutzdienst ausgebildet. Wir können sie also nicht einfach frei laufen lassen." Würden sie einen Vermissten aufstöbern, der dann eine unbedachte Bewegung macht, könnte das Tier das als Angriff deuten und zupacken. "Deshalb verlassen wir uns meistens auf die Rettungshundestaffeln, die eine hervorragende Arbeit machen", sagt Linden.

Elke Hofmann und ihr Team waren am Freitag mit kurzer Pause die ganze Nacht draußen, und "nur noch erleichtert, als der Bub gefunden worden ist. Da sind viele Freudentränen geflossen, man ist da total angespannt". Für sie ging es nahtlos weiter nach Starnberg zur Prüfungsauffrischung, bevor sie am Samstag todmüde heimkehrte. "Aber wenigstens hat der Hund im Auto schlafen können."

Für den kleinen Alexander kehrte gestern wieder der Alltag ein. Er wird das Erlebte wohl erst noch verdauen müssen. "Nachts schläft er bei uns und redet manchmal im Schlaf", sagt sein Vater. Diese Woche stehe eine Nachuntersuchung in der Neuburger Klinik an. "Dann werden wir auch mal wegen einer psychologischen Unterstützung nachfragen."