Stammham
Amtsbekannte Todesstrecke

A 9 bei Denkendorf gehört zu gefährlichsten Straßen Bayerns Vergebliche Forderung nach Tempolimit

25.05.2016 | Stand 02.12.2020, 19:46 Uhr

Der Fahrer dieses BMW soll den Unfall auf der A 9 bei Gelbelsee ausgelöst haben, bei dem am Dienstag zwei Buben starben. - Foto: Reiß

Stammham (DK) Der Autobahnabschnitt zwischen Kinding und Stammham gilt als zehntgefährlichste Unfallstrecke in ganz Bayern. Erst am Dienstag waren drei Menschen dort gestorben, darunter zwei Buben. Ein permanentes Tempolimit lässt jedoch weiter auf sich warten, obwohl die Gefahren bekannt sind.

Feuerwehr, Polizei und Rettungsdienst hatten am Dienstagnachmittag innerhalb von wenigen Minuten gleich zwei Unfälle zu bewältigen. Um 14.50 Uhr hatte ein 53-jähriger Düsseldorfer zwischen Denkendorf und Lenting auf der regennassen A 9 vermutlich wegen unangepasster Geschwindigkeit die Kontrolle über seinen Ferrari F 131 verloren und war gegen die Mittelleitplanke geschleudert. Für den Mann gab es keine Rettung mehr, seine Begleiterin erlitt schwere Verletzungen.

Keine Viertelstunde danach geriet ein 49-jähriger Münchner mit seinem BMW 640d zwischen den Anschlussstellen Altmühltal und Denkendorf auf dem Weg Richtung Süden laut Zeugenangaben "mit hoher Geschwindigkeit" beim Parkplatz Gelbelsee ins Schleudern, touchierte die Mittelleitplanke und stieß mit dem Seat Alhambra einer Familie aus dem Erdinger Raum zusammen. Zwei acht und neun Jahre alte Brüder in deren Auto wurden herauskatapultiert und starben wenig später, die beiden übrigen Geschwister und die Eltern der Kinder erlitten schwerste Verletzungen. Auch der mutmaßliche Unfallverursacher kam stationär ins Krankenhaus.

Schlimme Bilder für die Einsatzkräfte, aber nicht die Ausnahme. Immer wieder gibt es hier Verletzte und Tote zu beklagen. "Wir stellen schon lange erhöhte Unfallzahlen in diesem Bereich fest", sagte Michael Huber von der Ingolstädter Verkehrspolizei auf Anfrage unserer Zeitung. "Das ist statistisch belegt. Der kritische Abschnitt beginnt nach Ende des Kindinger Bergs und reicht bis Stammham." Die aktuellen Polizeizahlen belegen diese Aussage: Allein in diesem Jahr krachte es dort bisher bereits 107 Mal. 2015 waren es im selben Zeitraum 76 registrierte Unfälle.

Neben Fahrfehlern gibt es andere Gründe. "Die Griffigkeit des Belags ist dort schon bei leichter Feuchtigkeit eingeschränkt", sagt Michael Huber. Zwar gebe es ein Tempo-80-Limit bei Nässe, doch das sei keine Lösung. "Juristisch gesehen bedeutet Nässe, dass Gischt aufspritzen muss, und die Sicht behindert ist. Also hält sich kaum einer dran. Die Fahrbahn ist außerdem schon bei Nieselregen rutschig. Wir haben deshalb eine permanente Geschwindigkeitsbegrenzung beantragt."

Dass zu wenig getan wird und "Zeit zum Handeln" ist, findet unser Reporter Horst Richter. Seinen Kommentar lesen Sie hier.

Die hatte es bei Stammham tatsächlich schon einmal gegeben, bis die 120 km/h-Schilder ohne nähere Begründung wieder verschwanden. Die zuständige Autobahndirektion Nordbayern äußerte sich am Mittwoch trotz schriftlicher Anfrage nicht zu dem Thema.

Unwissen kann die Behörde nicht geltend machen, weil es "regelmäßig Sitzungen der Unfallkommissionen gibt, in denen alle Entwicklungen diskutiert werden", wie ein Kollege der für Südbayern zuständigen Autobahndirektion das für ganz Bayern geltende Prozedere erläuterte. Da sei auch die Polizei stets zugegen. "Wenn die Kommission ein Tempolimit wegen hoher Unfallzahlen für angebracht hält, kann die Autobahndirektion es anordnen. Allerdings muss das Innenministerium zustimmen." Bauliche Änderungen, etwa bei zu engen Kurven, fehlender Griffigkeit oder starker Querneigung, seien generellen Beschränkungen jedoch in der Regel vorzuziehen.