Schrobenhausen
3 Grad und weiß statt 30 Grad und heiß

Schrobenhausener Spargelbauern trotzen der Kälte Vorerst kein Ende des winterlichen Wetters in Sicht

26.04.2017 | Stand 02.12.2020, 18:14 Uhr

Schrobenhausen/Lindau (DK) Zum Monatsende zeigt sich der April wieder von seiner sprichwörtlichen Seite - und macht einfach, was er will. Das winterliche Wetter macht in Bayern besonders den Landwirten zu schaffen. Besserung ist zunächst nicht in Sicht.

Frühsommerliche Temperaturen Ende März und Anfang April, dann der Herbstregen der vergangenen Tage. "Und jetzt haben wir wieder Weihnachten", sagt Josef Plöckl, der Vorsitzende des Spargelerzeugerverbands Südbayern mit Blick auf die Schneeflocken, die leise vom Himmel rieseln. Er weiß nicht recht, ob er lachen oder weinen soll: "Eigentlich ist das Wetter schon eine Katastrophe."

Andererseits normalisiert sich durch die Wetterkapriolen die Marktlage für die Spargelbauern wieder. "Zu Beginn der Saison gab es ja fast zu viel Spargel", berichtet er, mit der Folge, dass viel zu geringe Preise für die Ware erzielt worden seien. Plöckl: "Jetzt ist der Preis wieder da, wo er hingehört." Eine nicht repräsentative Umfrage bei Bauern gestern ergab: Die besseren Sortierungen kosten aktuell im Schrobenhausener Land ab Hof um die acht, neun Euro.

Denn der Spargel sprießt, "und gar nicht so schlecht, wie ich höre", berichtet Plöckl. Was, wie er scherzend anmerkt, einen ganz einfachen Grund hat: "Der Spargel hat ja kein Hirn, der wächst einfach weiter, egal, ob es regnet oder schneit."

Nur eben etwas langsamer. Die größeren Bauern verändern in solchen Phasen den Stechrhythmus, sie gehen ihre Anlagen nur noch jeden zweiten Tag durch. Wie unter Spargelbauern zu hören ist, haben kleinere Betriebe, die schon sehr früh angefangen haben, jetzt das Problem, dass bei diesem Wetter nur noch wenig wächst. Das ist die Kehrseite der sogenannten Verfrühung durch den Anbau unter Folien. Die größeren Betriebe können sich die Saison besser einteilen. Sie haben bisher nur auf einem Teil ihrer Felder gestochen, auf anderen beginnt die Ernte erst.

"Früher gab's ja im April meist noch keinen Spargel", sagt Verbandschef Plöckl, der seit den 70er-Jahren in der Vermarktung des Edelgemüses tätig ist. "Da war überhaupt nur im Mai und Juni Saison."

Apropos Blick in die Geschichte: Gestern vor 31 Jahren kam es zum Tschernobyl-Unglück. Auch für die Schrobenhausener Spargelbauern war das ein belastendes Ereignis. "Ich bin damals fast täglich nach Gundremmingen gefahren, um den Spargel auf Strahlenbelastung testen zu lassen", erinnert sich Plöckl. Nach ein paar Tagen bekam er dann eine Unbedenklichkeitsbescheinigung, weil der Spargel tief genug unter der Erde wuchs, die Ware war einwandfrei. An noch etwas erinnert sich Josef Plöckl in diesem Zusammenhang sehr genau: Wie das Wetter damals war, nämlich 30 Grad und heiß. Gestern 3 Grad und weiß.

Ungeachtet der Kälte soll in Schrobenhausen am Samstag der traditionelle Spargelmarkt gefeiert werden. Er findet von 8 bis 13 Uhr vor dem Rathaus statt.

Besonders betroffen vom Wintereinbruch sind die Obstbauern. In der Bodenseeregion, die als bayernweit größtes Anbaugebiet gilt, fürchten die Landwirte, ihr Obst an den Frost zu verlieren. "Weite Teile der Obstsorten, die bereits im Stadium der Vollblüte waren, sind erfroren", sagt Obstbauberaterin Karin Wudler aus Lindau. Betroffen von den Frostschäden seien vor allem Kirschen-, Zwetschgen- und Aprikosenblüten. Wudler geht davon aus, dass etwa die Hälfte der Blüten der Kälte zum Opfer gefallen ist.

Weil es bereits im Frühjahr des Vorjahres noch spät im April Frost gegeben hatte, gibt der Wintereinbruch vielen Landwirten heftig zu knabbern. "Zwei Frühlinge in Folge treffen viele Obstbauern besonders hart", sagt Wudler. "Man kann schon sagen, dass das existenzbedrohend ist."

Hoffnung für die Obstbauern aus der Region machen Nachzüglerblüten - also diejenigen, die noch im frühen Entwicklungsstadium sind. Diese sind weniger kälteempfindlich und könnten die Ernte vieler Landwirte retten. "Die Saison wird kein Totalausfall werden", meint Wudler. "Aber wir bräuchten jetzt mal einen Wetterumschwung."

Die Aussichten für die kommenden Tage sehen allerdings anders aus: "Es bleibt nasskalt und ungemütlich", heißt es beim Deutschen Wetterdienst. In weiten Teilen Bayerns sollen die Temperaturen bis Freitag zeitweise unter dem Gefrierpunkt bleiben. Zudem sei weiterhin mit Schnee zu rechnen.