Schrobenhausen
"Kein Grund zur Panik in Schrobenhausen"

28.07.2014 | Stand 02.12.2020, 22:25 Uhr

 

Schrobenhausen (DK) Versuchter Totschlag: Deswegen sitzt ein 16-Jähriger derzeit in Untersuchungshaft. Der Jugendliche hatte am vergangenen Freitagabend in Schrobenhausen einem 20-jährigen Schrobenhausener ein Messer in den Hals gerammt.

Vor allem unter den Jugendlichen in Schrobenhausen herrschte helle Aufregung nach der Nachricht von den lebensgefährlichen Messerstichen. Bei Katja Faig, der Leiterin des Jugendzentrums Zoom, stand das Telefon das ganze Wochenende hindurch nicht mehr still. „Die Jugendlichen haben einfach Schiss“, so Faig im Gespräch mit unserer Zeitung. Einen solchen Fall, wie er jetzt in Schrobenhausen geschah, kennen die Teenager nach ihren Worten ausschließlich aus dem Fernsehen oder der Zeitung. „Und jetzt passiert das vor der eigenen Haustür.“

„Dass ein 16-Jähriger eingesperrt wird, ist extrem selten“, sagt der Ingolstädter Oberstaatsanwalt Günter Mayerhöfer zu der Tat. Der Ermittler sieht keinen Grund für Panik in Schrobenhausen und Umgebung: „Es ziehen keine marodierenden Jugendbanden durch Schrobenhausen.“ Vielmehr handele es sich bei den Messerstichen um „eine Einzelsituation“. Auch die Gerüchte um einen möglichen Drogenhintergrund hätten sich bisher nicht bestätigt.

Das Opfer der Messerattacke, ein 20-jähriger Schrobenhausener, wurde nach dem Überfall mit einem Intensivrettungshubschrauber in eine Augsburger Klinik geflogen. Der Zustand des jungen Mannes sei stabil. „Er wird überleben“, so Mayerhöfer. Allerdings sei der Schwerverletzte noch nicht vernehmungsfähig. Das werde noch einige Tage dauern. So fehlen den Ermittlern bislang noch Antworten auf entscheidende Fragen. Mayerhöfer hofft darauf, dass sich möglicherweise auch noch Zeugen der Bluttat melden, die der Kriminalpolizei bisher noch nicht bekannt seien. „Die Ermittlungen dürften noch einige Tage oder Wochen in Anspruch nehmen“, sagt Mayerhöfer.

Fest steht bisher, dass der 16-Jährige, der am Sonntag dem Ermittlungsrichter vorgeführt und wegen versuchten Totschlags in Untersuchungshaft kam, alleine mit dem Messer zugestochen haben soll. Sein 15-jähriger Kumpan wurde deshalb auch nach seiner Vernehmung wieder auf freien Fuß gesetzt.

Nach Informationen unserer Zeitung könnte möglicherweise das 20-jährige Opfer mit seiner Freundin am späten Freitagabend scherzend durch die Michael-Thalhofer-Straße im Schulviertel der Stadt gegangen sein. Der spätere Messerstecher und sein Freund sollen angeblich das Lachen als Beleidigung empfunden und einen Streit mit dem 20-Jährigen gesucht haben. Bestätigen wollten das aber weder die Polizei noch die Staatsanwaltschaft. Der Streit muss laut Polizeiangaben so heftig geworden sein, dass der 16-Jährige mehrmals mit einem Messer zustach und den 20-Jährigen am Hals traf.

Für Katja Faig zeigt der Fall, wie wichtig die Arbeit eines Streetworkers in der 16 000-Einwohner-Stadt sei. Jemand, der nachts bei den Jugendlichen an ihren Treffpunkten unterwegs sei und ihr Vertrauen genieße, könne dafür sorgen, dass keine Angst vor solchen Einzeltaten in der Stadt grassiere. Die Jugendlichen hätten dann einen Ansprechpartner, mit dem sie über solche Dinge reden könnten. Das fehle seit dem Weggang des früheren Streetworkers vor fast einem Jahr inzwischen vollkommen.

„Jetzt stehen wir vollkommen alleine da mit der Geschichte“, sagt Faig. Auch die Jugendlichen wüssten derzeit nicht, wie sie sich verhalten sollten, wenn sie in eine ähnliche Situation gerieten. Eltern seien ebenfalls in Sorge um ihre Kinder, beschreibt Faig die emotionale Stimmung in Schrobenhausen weiter. Darum hofft Faig auch darauf, dass sich der Schrobenhausener Stadtrat bald dazu durchringt, selber einen Streetworker zu engagieren.