SPD fordert mehr Steuerprüfer

01.06.2010 | Stand 03.12.2020, 3:58 Uhr

München (DK) Nach Berechnungen der SPD entgeht dem Fiskus jährlich eine Milliarde Euro, weil Bayern nicht genügend Steuerpersonal beschäftigt. 1430 vorhandene Stellen seien unbesetzt, sagte der SPD-Haushaltsfachmann, Volkmar Halbleib, gestern in München.

Bayern sei bei der Personalausstattung im Ländervergleich in manchen Bereichen "absolutes Schlusslicht", sagte der Landtagsabgeordnete. Weil Steuererklärungen nicht ausreichend kontrolliert werden könnten, setzten viele Betriebe ihre Steuerlast faktisch selbst fest. Im kommenden Doppelhaushalt bestehe Konsolidierungsbedarf in Höhe von fünf Milliarden Euro. Auch deshalb sei die Unterbesetzung in der Steuerverwaltung nicht hinzunehmen. Der Landtagsabgeordnete stützt seine Berechnungen auf Informationen aus dem Finanzministerium, die er auf eine parlamentarische Anfrage hin bekommen habe.

In keinem anderen Bundesland würden im Verhältnis zur Anzahl an Steuerfällen so wenige Fachleute beschäftigt, wie in Bayern, sagte Halbleib. Auch im Verhältnis zur Einwohnerzahl belege der Freistaat einen der hinteren Plätze. Von 8333 im Haushalt vorgesehenen Stellen für Betriebsprüfer, Steuerfahnder und im Veranlagungsinnendienst seien zum Beispiel derzeit nur 7608 besetzt. "Die sind ja vom Parlament bewilligt, aber sie werden nicht genutzt", kritisierte Halbleib. Dabei habe sich gezeigt, dass bayerische Prüfer in der Regel überdurchschnittlich viel Geld zusätzlich einbrächten. Nach seinen Angaben waren es im vergangenen Jahr mehr als 2,2 Millionen Euro pro Prüfer.

Als einen der Gründe für den Personalnotstand in den Finanzämtern, nannte Halbleib Nachwuchsprobleme. Allerdings tue die Staatsregierung viel zu wenig für die Besetzung der Stellen. Halbleib sagte: "Im Prinzip ist eine Art Generalmobilmachung notwendig." Eine Initiative der SPD für die Einstellung zusätzlicher Prüfer sei von der schwarz-gelben Koalition aber abgelehnt worden. Darüber, warum die Staatsregierung sich nicht um die Besetzung der Stellen bemühe, könne er nur spekulieren, sagte Halbleib. Er verwies auf eine Aussage des ehemaligen Wirtschaftsministers Otto Wiesheu (CSU), nach der geringe Kontrollen "ein wirtschaftlicher Standortvorteil" seien.

Finanzminister Georg Fahrenschon (CSU) wies die Kritik zurück. Die bayerische Steuerverwaltung sei "gut aufgestellt", sagte der Minister. Insbesondere die Mehrergebnisse pro Steuerprüfer zeige, dass der Steuervollzug funktioniere. Nach Angaben des Finanzministeriums ist das durch Betriebsprüfungen zusätzlich erhobene Steueraufkommen von 1,9 Milliarden Euro im Jahr 2005 auf 4,5 Milliarden Euro im vergangenen Jahr gewachsen.

Laut Fahrenschon ermöglichen neue elektronische Systeme den Fachleuten, sich auf "wirklich prüfungswürdige Steuerfälle" zu konzentrieren. Das seien vor allem große Betriebe und Menschen mit hohem Einkommen, sagte der Minister, "also solche, bei denen etwas zu holen ist". Zusätzliches Personal würde sich daher auf kleinere Betriebe konzentrieren. Die Rechnung, dass mehr Prüfer ähnliche Mehrergebnisse, wie die derzeit beschäftigten erzielen würden, gehöre deshalb "in das Reich der Märchen".

Die Zahl von 1430 unbesetzten Stellen nannte Fahrenschon eine "Phantomzahl", die nicht die "flexible Stellenbewirtschaftung" im öffentlichen Dienst berücksichtige. Nach Angaben des Ministeriums muss eine bestimmte Anzahl an Stellen freigehalten werden, falls etwa Teilzeitbeschäftigte ihre Arbeitszeit aufstocken, oder beurlaubte Beamte in den Dienst zurückkehren wollen. Nach dieser Maßgabe seien alle vorhandenen Stellen besetzt.