Rennertshofen
Heimtückische Anschläge mit Altöl

Ein Unbekannter legt seit 2007 lebensgefährliche Fallen für Motorradfahrer – unter anderem auch bei Rennertshofen

11.09.2013 | Stand 02.12.2020, 23:41 Uhr

 

Rennertshofen (DK) Ein Eigenbrötler steckt nach Überzeugung der Polizei hinter einer heimtückischen Anschlagsserie auf Motorradfahrer. Der Mann wirft mit Öl gefüllte Flaschen auf kurvenreiche Strecken, einmal auch im Raum Neuburg. Acht Fälle gehen auf sein Konto, für einen 37-Jährigen endete es tödlich.

Die Dimension der hinterhältigen Attacken war lange nicht bekannt. Die Serie hatte vermeintlich harmlos begonnen, als jemand am 6. April 2007 auf einer Landstraße im Landkreis Biberach vier zerborstene, mit Altöl gefüllte Flaschen entdeckte. „Wohl verlorene Ladung“, dachte die Feuerwehr und beseitigte die Gefahr. Zu Schaden kam niemand.

Drei Wochen später, am 29. April 2007, gingen dann mehrere Mitteilungen bei der Neuburger Polizei ein, dass auf der Staatsstraße zwischen Rennertshofen und Rohrbach, der verlängerten Monheimer Straße, zwei Öllachen seien. Als eine Streife dort eintraf, war es bereits zum Unfall gekommen. Ein damals 48-jähriger Motorradfahrer war auf dem schmierigen Film gestürzt, zum Glück blieb er unverletzt. Auch hier vermutete die Polizei zunächst, dass jemand unerlaubt Altöl entsorgen wollte und einige Flaschen verloren hatte.

Da die Tatorte weit verstreut in Bayern wie in Baden-Württemberg liegen, wurde das Ausmaß der feigen Anschläge erst nach dem tödlichen Ausgang eines Motorradunfalls bekannt. Ein 37-Jähriger war im April 2011 auf einer Öllache zwischen dem oberschwäbischen Markt Rettenbach und Ottobeuren ins Rutschen geraten und unter ein Auto geschlittert. Für den Mann gab es keine Rettung. „In der Umgebung des Unfallorts haben wir zehn weitere Öllachen gefunden“, sagt Christian Owsinski vom Polizeipräsidium in Kempten. „Da war dann klar, dass hier System dahintersteckte.“ Die Kripo in Kempten bildete die Ermittlungsgruppe „Ölfleck“ und arbeitete alle bis dato bekannten Fälle auf – neben dem Unfall in Rennertshofen gab es weitere unter anderem im Raum Dillingen, Freising, Biberach und Sigmaringen. Mitunter waren zwölf und mehr Ölflaschen auf kurvenreiche Straßen geschleudert worden.

„Es handelte sich um grüne Weinflaschen mit Schraubverschluss, die der Täter mit Altöl gefüllt hatte“, sagt Owsinski. „Der Mann wirft sie in voller Fahrt vom Auto aus auf die Straße, wo sie zerbersten. Das erkennt man am Spritzmuster.“ Dass die Anschläge auf das Konto eines Mannes gehen, weiß die Polizei durch DNS-Material, das sie mehrfach an Flaschenresten entdeckte, unter anderem am Deckelgewinde. Die gesicherte Erbgutstruktur ist so individuell, dass sie nur von einem einzigen Menschen stammen kann.

Ein überaus gutes und wichtiges Beweismittel also. Nur von wem es stammt, ist noch offen. Die Fahnder haben diesen genetischen Fingerabdruck inzwischen mit denen von über 1400 Verdächtigen verglichen, bisher ohne Erfolg. Ein Täterprofil gibt es ebenfalls: „Das ist ein unsicherer, eigenbrötlerisch lebender Mensch, der mit den Anschlägen Macht ausüben und Angst verbreiten will, um sein Selbstwertgefühl zu stärken“, sagt Polizeisprecher Owsinski. Neben akribischer Ermittlungsarbeit setzt die Kripo nun vor allem auf Hinweise – für den entscheidenden Tipp gibt es 53 000 Euro Belohnung.