Regensburg
Vier Jahre Gefängnis wegen Brandstiftung?

01.10.2014 | Stand 02.12.2020, 22:10 Uhr
Der von dem 47-Jährigen verursachte Schaden beläuft sich auf weit über 300.000 Euro. −Foto: DK

Regensburg (DK) Immer wieder brannten Autos: Anfang vergangenen Jahres versetzte ein Feuerteufel die Bürger in Regensburg in Angst und Schrecken. Der Täter soll ein ehemaliger Briefträger gewesen sein. Nun nähert sich der Prozess gegen den Mann seinem Ende. Gestern hielten Staatsanwaltschaft und Verteidigung ihre Plädoyers.

Handelt es sich bei dem 47-Jährigen auf der Anklagebank um den Feuerteufel? In dem seit Mai andauernden Indizienprozess vor dem Landgericht Regensburg ist die Staatsanwaltschaft nach 17 Verhandlungstagen davon überzeugt. Gestern forderte sie für den Angeklagten aus dem westlichen Landkreis Regensburg, der während des gesamten Verfahrens geschwiegen hat, eine Freiheitsstrafe von vier Jahren und seine anschließende Unterbringung in der Psychiatrie. Sein Verteidiger hingegen plädierte auf Freispruch.

Der Feuerteufel hatte erstmals Mitte Januar des vergangenen Jahres zugeschlagen. Dabei brannte in Regensburg ein Mazda aus, zwei Wochen später ging ein Audi A 6 in Flammen auf. Noch während der Löscharbeiten erreichte die Feuerwehr eine weitere Einsatzmeldung, diesmal ging es um einen BMW X 5.

Die Serie setzte sich bis April fort. Dabei handelte der Täter immer nach dem gleichen Strickmuster und führte die Taten stets an einem Freitag aus. Neben den Fahrzeugen wurden auch Carports beschädigt. In zwei Fällen bestand zudem die Gefahr, dass das Feuer auf Wohngebäude übergreift, weshalb hier die Anklage auf schwere Brandstiftung lautet. Am Ende belief sich der Gesamtschaden auf 412 500 Euro. Ein Feuerwehrmann wurde beim Einsatz verletzt. Im April hörte der Spuk auf.

Nach mehr als 500 Hinweisen aus der Bevölkerung war der Angeklagte in das Visier der Ermittler geraten, als er nachts in der Nähe eines Brandortes mit seinem Fahrrad angetroffen wurde. Zeugen hatten zuvor – so die Anklagevertreterin – einen Radfahrer gesichtet, auch seien in der Nähe eines Brandortes solche Fahrradspuren gesichert worden. Sowohl in seiner Kleidung als auch in der Wohnung seien Feuerzeuge gefunden worden – obwohl der Angeklagte in der Gegenwart von Kollegen und Polizeibeamten nie rauchte.

Als weiteres Indiz wertete die Staatsanwältin die Äußerungen des Angeklagten gegenüber seiner Schwester, die bei einer Telefonüberwachung mitgeschnitten wurden. Ihr gegenüber fielen Sätze wie „Wenn sie genau nachgeschaut hätten, hätten sie vielleicht etwas gefunden“ oder „Ich könnte schon zugeben, dass ich es war, aber nur wenn keine Zeugen dabei sind“.

Eindeutig ist der Staatsanwaltschaft zufolge schließlich das Ergebnis, das der Einsatz von Personensuchhunden brachte. Danach war der Angeklagte an allen Brandorten, wenngleich man nicht sagen könne, wann dies war. Nachdem der Angeklagte in den Fokus der Ermittler geraten war, riss die Brandserie ab. Auch konnte kein anderer als Täter ermittelt werden. Unter Berufung auf die Einschätzungen des Sachverständigen ging die Staatsanwältin davon aus, dass vom Angeklagten ohne eine entsprechende Therapie weitere erhebliche Straftaten zu erwarten seien.

In einem völlig anderen Licht sah Verteidiger Michael Haizmann das Ergebnis der mehrtägigen Beweisaufnahme. Er sagte, sein Mandant sei zweifelsfrei ein Sonderling, sodass man von ihm auch während des Ermittlungsverfahrens und des Prozesses kein normales Verhalten erwarten könne. Er sei auch häufig nachts mit dem Fahrrad unterwegs, um zur Aufbesserung seiner Haushaltskasse Flaschen zu sammeln. Feuerzeuge seien in jedem Haushalt zu finden, zumal sein Mandant Gelegenheitsraucher sei.

Ausführlich setzte sich Haizmann mit der Verwertbarkeit des Einsatzes von Personensuchhunden auseinander, die er als „Wünschelrutenlauferei“ qualifizierte. Selbst einer der gehörten Gutachter habe eingeräumt, dass es hierüber keine wissenschaftlichen Erkenntnisse gebe. Auch habe eine Versuchsreihe eine 40-prozentige Fehlerquote gezeigt. Die gegenteiligen Behauptungen zweier anderer Experten wies der Anwalt als Spekulationen zurück: „Wir wissen nicht, was Hunde aufnehmen. Es wird uns von Hundeführern interpretiert.“ Nach alledem komme nur ein Freispruch nach dem Motto „Im Zweifel für den Angeklagten“ in Betracht.

Wie das Gericht den Fall sieht, wird sich bald zeigen. Am 13. Oktober will die 7. Strafkammer des Landgerichts Regensburg unter Vorsitz von Richterin Bettina Mielke das Urteil verkünden.