Regensburg
Kelheimer Sexualmörder will Geld sehen

Landgericht Regensburg fällt noch kein abschließendes Urteil über Schadensersatzklage

25.11.2015 | Stand 02.12.2020, 20:30 Uhr
Symbolbild Gericht −Foto: David-Wolfgang Ebener/dpa

Regensburg (DK) 44 500 Euro Schadensersatz verlangt ein verurteilter Sexualmörder vom Freistaat Bayern. Gestern wurde am Regensburger Landgericht über seine Forderung verhandelt. Er begründet sie mit der nachträglich angeordneten Sicherungsverwahrung.

Der Vorsitzende Richter Johann Pfeffer schlug im Fall der Schadensersatzklage des „Joggerinnen-Mörders“ von Kelheim eine gütliche Einigung vor. Der Trierer Anwalt des Mannes lehnte den Vorschlag in der Verhandlung vor der Zivilkammer jedoch ab. „Ich kann mit ihm darüber sprechen“, sagte Ingo-Jens Tegebauer. „Aber ich weiß, dass mein Mandant die Rechtslage geklärt wissen will.“

Im Alter von 19 Jahren hatte der Mann im Sommer 1997 in Kelheim eine Joggerin erwürgt und sich anschließend an der Leiche vergangen. Nach Verbüßung der maximalen Jugendstrafe von zehn Jahren hatte das Landgericht Regensburg 2008 nachträglich eine Sicherungsverwahrung verhängt.

Noch ist unklar, ob der Kläger dafür vom Freistaat entschädigt wird. Die Regensburger Richter haben in der ersten Verhandlung vor der Zivilkammer des Landgerichts Regensburg kein abschließendes Urteil gefällt. Der rechtskräftig verurteilte Sexualmörder will vom Freistaat insgesamt 500 Euro pro Monat, ab dem ersten Tag nach seiner vollständig abgesessen Jugendstrafe am 18. Juli 2008. Seiner Auffassung nach verstößt die Unterbringung gegen geltendes Recht.

Das Bundesverfassungsgericht hatte das erst kurz vor der möglichen Entlassung des Klägers in Kraft getretene Gesetz zur Sicherungsverwahrung am 4. Mai 2011, für verfassungswidrig erklärt. Im Zuge dieser Entscheidung verschärften die Richter in Karlsruhe die Kriterien für eine Sicherungsverwahrung und hoben auch das Urteil des Regensburger Landgerichts auf. In einem Eilverfahren wurde es wenig später vom Landgericht wieder bestätigt. Der „Joggerinnen-Mörder“ blieb trotz des Karlsruher Urteils in Sicherungsverwahrung.

Dazu erklärte der Richter gestern: „Ein Gesetz, das verfassungswidrig ist, ist nicht automatisch nichtig.“ In einer BGH-Entscheidung vom 3. August 2012 wurden die schärferen Kriterien für die Sicherungsverwahrung umgesetzt. Strittig ist also die Rechtslage für die Übergangszeit zwischen dem ersten Tag der Unterbringung und dem BGH-Urteil vom 3. August 2012.

Richter Pfeffer schätzt die Risiken in dem Streitfall für den Kläger deutlich höher ein als für den Freistaat. Deshalb plädierte er für eine gütliche Verhandlung und wollte einen möglichen Anspruch von rund 24 000 Euro prüfen, der dem Kläger zu einem „Bruchteil“ unter Umständen gewährt werden könne. Grund für den möglichen Anspruch sei „kein Fehlverhalten der Behörden“, erläuterte Pfeffer, sondern die unklare Rechtslage. „Ein Verurteilter muss sich auf das geltende Recht zur Zeit seiner Verurteilung verlassen können“, sagte der Richter. Der Kläger-Anwalt forderte stattdessen in der anschließenden Streitverhandlung eine Entschädigung von 44 000 Euro und 500 Euro für jeden weiteren Monat in Sicherheitsverwahrung. Das Gericht will seine Entscheidung am 16. Dezember verkünden.