Nürnberg
"Wir hoffen, dass wir nichts finden"

Bombenangst auf der Großbaustelle am Nürnberger Hauptbahnhof

20.02.2018 | Stand 02.12.2020, 16:47 Uhr
Großbaustelle Nürnberger Bahnhof: Nach dem Bombenfund schwingt die Angst mit beim Abriss der alten Postgebäude. −Foto: Pelke

Nürnberg (HK) Erst kürzlich ist bei Gleisarbeiten am Nürnberger Hauptbahnhof eine Fliegerbombe aus dem Weltkrieg gefunden worden. Seitdem ist die Anspannung auf der Großbaustelle der alten Hauptpost noch größer geworden. Im Boden rund um den Bahnhof dürften weitere Blindgänger lauern.

Bombengefahr auf der Großbaustelle am Hauptbahnhof in Nürnberg. "Wir rechnen damit, dass wir auch Blindgänger im Boden finden", sagt Rainer Strietz-Jansen und zeigt auf die vielen Baustellen beim Hauptbahnhof, wo statt der alten Hauptpost bald ein Megakomplex für Büros und Hotels in die Höhe wachsen wird.

Kürzlich wurde bei Gleisarbeiten unweit der Großbaustelle eine amerikanische Fliegerbombe aus dem Zweiten Weltkrieg entdeckt. Rund 8000 Anwohner mussten für die Entschärfung des Sprengstoffes evakuiert werden. Dieser Bombenfund hat die drohende Gefahr auf der Hauptpostbaustelle noch einmal schlagartig deutlich gemacht.

"Die Wahrscheinlichkeit ist relativ hoch, dass wir etwas finden", sagt Projektleiter Strietz-Jansen. Der Bahnhof sei im Krieg schließlich "sehr stark" bombardiert worden. Genaue Angaben über die Zahl der Bombenabwürfe hat Strietz-Jansen nicht. Experten hätten Luftbilder im Vorfeld ausgewertet. Die Gefahr sei demnach hoch, dass Blindgänger noch unentdeckt im Boden schlummern. Dementsprechend vorsichtig gehen Strietz-Jansen und seine Kollegen auf der Großbaustelle vor.

"Mit kleinen Bohrungen haben wir den Boden sondiert und nach Bomben abgesucht", erklärt Strietz-Jansen. Mit diesem magnetischen Verfahren könne man mit "ziemlicher Sicherheit" feststellen, ob sich noch alte Bomben in der Baugrube befinden. Unvorhersehbarer stellt sich die Situation dar, wenn die Arbeiter auf breiter Front flächig in die Tiefe graben müssen. Dann werden Sondierungsbohrungen praktisch unmöglich. Der Aufwand wäre viel zu groß. Die Kosten unbezahlbar, sagt der Projektleiter. Deshalb müsse immer ein Kampfmittelexperte direkt neben dem Baggerfahrer stehen und wie ein Luchs aufpassen.

Im Hintergrund wird derweil praktisch gleichzeitig aufgebaut und abgerissen. Auf dem Gelände der ehemaligen Hauptpost soll bis zum Jahr 2021 das neue "Tafelhof-Palais" entstehen, dass neben üppigen Büro- und Verkaufsflächen auch Platz für zwei Hotels inklusive "Sky Lounge" bieten wird. Selbst die Post soll wieder in ihr altes Stammquartier einziehen dürfen. Die denkmalgeschützte Fassade des markanten Rundbaus von Hans Weiß und Johann Kohl aus dem Jahr 1914 soll genauso wie das imposante Treppenhaus des fünfstöckigen Gebäudes erhalten bleiben.

Derweil graben sich die Schaufeln der Bagger immer tiefer in das Erdreich. "Wir hoffen natürlich, dass wir nichts finden", sagt Strietz-Jansen. Die Gefahr schwinge trotzdem immer mit. Ein Kribbeln ist immer dabei.

Besonders wenn es wie an diesem Montagnachmittag spannend werden soll. "Die Bohrungen haben einen Verdachtsfall ergeben." Nervös wird der Mann mit dem Überblick auf der Großbaustelle deshalb nicht. "Der Baggerfahrer weiß Bescheid. Der Kampfmittelexperte wird daneben stehen und aufpassen. Das muss er auch. Sonst wäre die Gefahr zu groß", sagt Strietz-Jansen und wendet sich wieder der eigentlichen Baustelle zu.

VOM POSTBAU ZUM PALAIS

Der erste Postbau wurde im Jahr 1861 auf dem Areal errichtet. 1914 beginnen die Arbeiten an dem Rundbau. Das Ensemble diente bis 1994 als Nürnberger Hauptpost.

 

Prägend für das Ensemble der ehemaligen Hauptpost ist fünfstöckige Rundbau an der Allersberger Straße mit seinem mächtigen Satteldach. Die imposante Fassade beschreibt einen Viertelkreis. Die Pläne zu dem Bauwerk stammen von den Postarchitekten Hans Weiß und Johann Kohl. Fertiggestellt wurde der Rundbau von 1920 bis 1924. Im Ersten Weltkrieg ruhten die Bauarbeiten.

 

Beim Post-Rundbau stehen Fassade, Satteldach sowie die historischen Treppenhäuser im Jugendstil unter Denkmalschutz .

 

Der Kopfbau wird abgerissen, der Rundbau inklusive Dach und Treppenhaus erhalten. Neu kommt ein Innenhof hinzu. Der Entwurf stammt von Max Dudler aus Berlin. Auf rund 47 000 Quadratmeter sollen als Mieter neben Büro- und Verkaufsflächen ein Viersterne-Hotel mit Konferenzräumen sowie ein "Motel One" mit Sky-Lounge einziehen. Auch die Post soll wieder mit einer Filiale im neuen Tafelhof-Palais vertreten sein, das Anfang 2021 bereits fertig sein soll.

 

Weitere Information unter www.tafelhofpalais.de. | npe