Nürnberg
"Oftmals bin ich genauso gerührt"

Susanne Randel nimmt das Nürnberger Christkind unter ihre Fittiche

24.11.2017 | Stand 02.12.2020, 17:10 Uhr

Susanne Randel ist Nürnbergs Christkind-Mama. - Foto: Dierenbach

Nürnberg (npe) Jedes Christkind hat eine echte Mama. Und jedes Christkind hat Susanne Randel. Die "Christkind-Mama" aus dem Rathaus kümmert sich seit Jahren liebevoll um die kleinen und großen Wehwehchen der für zwei Jahre gewählten Rauschgoldengel. Wir haben mit Susanne Randel über Lampenfieber und andere Taschentücher-Momente gesprochen.

Frau Randel, wie erleben Sie die Verwandlung vom Nürnberger Mädchen zum Nürnberger Christkind?

Susanne Randel: Wenn die Mädchen gewählt sind, nehme ich das neue Christkind in meine Obhut. Nach der Wahl geht es sofort mit dem Presserummel los. Manchmal schauen sich die Mädchen am Anfang schon sehr fragend nach mir um. Ich bereite die Mädchen dann behutsam auf ihre Amtszeit vor. Wir engagieren ja keine Profi-Christkinder. Das sind immer junge Frauen, die meistens sogar noch zur Schule gehen.

 

Wie erlebt die Christkind-Mama diesen magischen Moment, wenn das Christkind neu geboren wird?

Randel: Ich bin dabei, wenn die Mädchen zum ersten Mal in das Kostüm schlüpfen. Das ist einfach schön zu sehen, wie die Mädchen dann als Christkind tatsächlich aussehen. Ich achte darauf, wie sich die frisch verwandelten Christkinder fühlen und geben. Barbara Otto, das letzte Christkind, ist förmlich stolziert und vor meinen Augen um ein paar Zentimeter gewachsen, als sie zum ersten Mal das Kostüm angezogen hat.

 

Hand auf Herz: Wer ist zu dem Zeitpunkt aufgeregter? Das Christkind oder Sie?

Randel: Beide gleich würde ich sagen. Romantischer geht es aber auch einfach nicht mehr.

 

Was gehört zur Ausrüstung einer Christkind-Mama. Haben Sie immer Taschentücher dabei?

Randel: Natürlich. Auch Halsbonbons und Handschuhe. Sogar eine Teekanne habe ich immer dabei. Und was wir nicht dabei haben, das besorgen wir uns zwischen den vielen Terminen. Taschentücher sind aber tatsächlich das wichtigste Utensil in meiner Tasche. Nicht nur für das Christkind. Oftmals bin ich genauso gerührt wie die Mädchen.

 

Zum Mamaglück gehören auch die Müttersorgen. Gibt es auch weniger schöne Momente?

Randel: Die schweren Termine gehen vielen Christkindern an die Nieren. Manche wollen danach einfach für einen kurzen Moment für sich sein und nicht mehr sprechen. Nach den Besuchen der Kinderkrebsklinik oder der Kinder- und Jugendpsychiatrie zum Beispiel. Nach solchen Terminen nehmen wir uns immer eine große Pause im vollgestopften Terminkalender. Wir setzen uns zusammen und verarbeiten die Erlebnisse. Ich als Mutter bin nach solchen Begegnungen immer auch selber mitgenommen. Die Mädchen bemerken dann oft, wie gut es uns und ihnen eigentlich geht. Etwas später bemerken sie, wie glücklich sie die kranken Kinder mit ihrem Besuch als Christkind gemacht haben. Das hilft, diese schwierigen Momente zu verarbeiten. Die richtig schweren Termine machen wir aber erst kurz vor Weihnachten. Häufig besuchen wir dann kranke Kinder, die über Weihnachten im Krankenhaus bleiben müssen.

 

Da muss man als Christkind-Mama doch unheimlich stolz sein?

Randel: Ja, die Mädchen wachsen als Christkind über sich hinaus. Die meisten werden schnell sehr selbstbewusst und selbstsicher. Im zweiten Jahr bemerkt man bei den Christkindern einen himmelweiten Unterschied zum ersten.

 

Muss die Christkind-Mama manchmal auch zur Löwenmutter werden?

Randel: Manchmal schon. Wenn das Gedränge auf dem Christkindlesmarkt zu groß wird. Da muss ich als Betreuerin schon einschreiten. Bei der großen Eröffnung auf dem Hauptmarkt rufe ich gelegentlich auch mal die Kamerameute zur Räson und bitte um etwas mehr Rücksicht. Da stelle ich mich dann tatsächlich wie eine Löwenmama vor sie.

 

Mütter müssen oft zurückstecken. Worauf freut sich die Christkind-Mama in diesem Jahr persönlich am meisten?

Randel: Ich freue mich auf den Heiligen Abend. Wenn ich und das neue Christkind den Advent gut überstanden haben. Dann freue ich mich, wenn ich mit meiner Familie zusammen sein kann. Wenn es endlich so weit ist und alle da sind. Dann ist der stressige Advent vorbei. Die Zeit mit dem Christkind ist aber in erster Linie eine schöne Zeit. Man erlebt so viel und lernt in kurzer Zeit so viele Menschen kennen. Und natürlich haben das Christkind, der Fahrer und ich neben dem ganzen Kummer und Stress auch eine Menge Spaß. Zum Beispiel im offiziellen Christkind-Bus.

 

Gibt es in diesem Christkind-Großraumtaxi etwa leckeren Glühwein?

Randel: Nein. Aber ganz viel Schokolade. Die reicht uns meistens vollkommen aus.

 

Das Gespräch führte Nikolas Pelke