Nürnberg
"In diesem Jahr hatten wir 165 000 Völker"

Population der Bienen im Freistaat hat sich stabilisiert – immer mehr Nachwuchs-Imker

08.10.2015 | Stand 02.12.2020, 20:42 Uhr

Foto: Daniel Wenisch

Nürnberg (DK) Seit knapp zehn Jahren werden immer wieder tausende Bienenvölker in Europa und Nordamerika ausgelöscht. In Bayern aber hat sich die Population in den vergangenen Jahren stabilisiert, wie Eckard Radke berichtet. Der 64-jährige Präsident des Bayerischen Imkerverbands ist auch für das kommende Jahr zuversichtlich.

Herr Radke, das ehemals große Thema Bienensterben ist aus den Medien weitgehend verschwunden. Hat sich das Problem erledigt?

Eckard Radke: Es gibt immer wieder größere Verluste und weniger große Verluste. Von dem einen Bienensterben schlechthin kann man aber eigentlich nicht sprechen, weil es verschiedene Ursachen gibt. Dieses Jahr sind die Voraussetzungen für eine gute Überwinterung gegeben.

Wie hat sich die Zahl der Bienenvölker in Bayern in den vergangenen Jahren entwickelt?

Radke: 2010 hatten wir im Landesverband 162 000 gemeldete Völker, in diesem Jahr waren es 165 000. Zeitgleich ist die Zahl der aktiven Imker um 4000 auf 26 700 gestiegen. Die Berichterstattung über das Bienensterben hat uns viel Imker-Nachwuchs gebracht. Wir denken deshalb, dass es langfristig zu einem deutlicheren Anstieg der Völkerzahlen kommt, weil die Neuanfänger die Imkerei nicht mit 20 Völkern beginnen, sondern sich langsam steigern. Die Situation in Bayern ist insgesamt aber gut. Wir haben genügend Bienenvölker, um eine flächendeckende Bestäubung sicherzustellen.

Bayerische Bauern müssen sich also keine Sorgen machen? In anderen Ländern werden Bienenvölker inzwischen vermietet, um an einem bestimmten Ort ihren Dienst zu tun.

Radke: Nein, in Bayern gibt es keine Versorgungslücken. Allerdings kann die Landwirtschaft durchaus zum Problem für die Biene werden. Der Raps ist beispielsweise eine ganz wichtige Trachtpflanze – also eine, die besonders reichhaltig Nektar und Pollen erzeugt. In großen Ackerbaugebieten, wo kaum etwas anderes wächst, sieht die Situation nach dem großen Blühen im Frühjahr wenig rosig für die Bienen aus. Darunter leidet langfristig ihre Vitalität. Aber die Hauptursache für den Tod vieler Bienenvölker im Herbst und im Winter ist eine schlechte Behandlung gegen die Varroa-Milbe.

Wie können Imker diesen Parasiten bekämpfen?

Radke: Es besteht sogar eine Bekämpfungspflicht. Es gibt verschiedene Mittel wie organische Säuren oder auch härtere chemische Mittel, wobei der Verband immer darauf dringt, die Bienenvölker mit organischen Säuren zu behandeln. Der Behandlungszeitraum ist im August. Dafür muss aber das Wetter warm und trocken sein. Wenn das Wetter eine entsprechende Behandlung durch den Imker verhindert, gibt es Probleme mit der Milbe. Bei der Behandlung werden leider immer wieder Fehler gemacht, die der Verband versucht, durch Schulungen zu vermeiden, damit es nicht zu gravierenden Völkerausfällen kommt. Einfach einen Bienenkasten auf den Balkon zu stellen und zu denken, dass man der Natur damit etwas Gutes tut, reicht nicht aus. Die Tiere benötigen ein Minimum an Betreuung.

In diesem Jahr war das Wetter gut. . .

Radke: Ganz hohe Temperaturen wie in diesem Jahr sind zwar auch nicht optimal, aber insgesamt sieht es an der Varroa-Front gut aus. Es werden aber auch wieder Jahre mit höheren Verlusten kommen.

Neben der Varroa-Milbe sind den Imkern vor allem Insektizide in der Landwirtschaft ein Dorn im Auge.

Radke: Man kann das Sterben von Bienenvölkern nicht auf eine Ursache reduzieren. Der Umgang mit bienengefährdenden Insektiziden ist stark reglementiert. Akute Bienenvergiftungen aufgrund von Insektizid-Einsätzen treten daher relativ selten auf. Daneben spielen aber auch die anderen Pflanzenschutzmittel eine Rolle, denn es gibt noch keine zuverlässigen Studien, wie ein Wirkstoff-Cocktail auf unsere Bienen wirkt, dessen einzelne Pestizide vielleicht für Bienen ungefährlich sind. Grundsätzlich müssen wir mit den Landwirten aber gut zusammenarbeiten, weil wir aufeinander angewiesen sind.

Das Interview führte

Daniel Wenisch.