Nürnberg
Delfinlagune bleibt umstritten

22.07.2013 | Stand 02.12.2020, 23:52 Uhr

 

Nürnberg (DK) Seit zwei Jahren leben die Großen Tümmler im Nürnberger Tiergarten in der Delfinlagune. Auch wenn sie mehr Platz haben als früher und unter freiem Himmel sind, kämpfen Tierschützer weiter gegen die Delfinhaltung im Zoo.

Wie ein grauer Schatten rast der Delfin durchs Wasser. Die weiße Narbe am Kopf verrät: Es ist Mobby, der älteste von acht Delfinen im Nürnberger Tiergarten. Daneben schwimmen Delfindame Anke und Kai, der jüngste. Zwischen den Felsbrocken, die die Lagune säumen, liegen bunte Gymnastikbälle, die bei den drei bis vier Vorführungen am Tag zum Einsatz kommen. Besucher stehen am Rand. Immer wieder tauchen die Tiere auf, als wollten sie schauen, wer sie da beobachtet.

Seit zwei Jahren gibt es die Delfinlagune – das erste Außenbecken für Delfine in Deutschland. Lorenzo von Fersen, Kurator für Forschung und Artenschutz im Nürnberger Tiergarten, zieht eine positive Bilanz. „Ich habe das Gefühl, dass sich die Tiere wohler fühlen als vorher“, sagt er. Der Verhaltensbiologe, der sich auf Meeressäuger spezialisiert hat, hat zwar keine objektiven Beweise dafür, schließt das aber aus dem Verhalten der Tiere. Das größere Becken habe für die Forscher den Vorteil, das Sozialverhalten der Tiere in einer größeren Gruppe untersuchen zu können. Zwei Delfine sind seit 2011 dazugekommen. Weitere Zugänge seien nicht geplant. Es sei denn, es gibt Nachwuchs.

Ob die Lagune mehr Besucher anzieht als vorher, kann Tiergarten-Sprecherin Nicola Mögel konkret nicht sagen. Das Eröffnungsjahr 2011 war für den Zoo mit über 1,2 Millionen das beste Jahr nach 2008, als Eisbär Flocke geboren wurde. Knapp 1,1 Millionen kamen 2012.

Der Knatsch mit den Tierschützern geht derweil weiter. Das Argument, die Tiere hätten mehr Platz, zählt für Cornelia Schamicke, die Vorsitzende des Vereins Menschen für Tierrechte Nürnberg, nicht. Die Becken können getrennt werden, wodurch die Delfine separat gehalten werden und weniger Platz haben. Das hält Schamicke – wie auch die Zusammensetzung der Delfingruppe – für unnatürlich. Von Fersen dagegen sagt: „Wenn wir die Tiere trennen, dann nur vorübergehend, um Stress zu vermeiden. Es ist nie ein Tier alleine.“ Auch wenn die Tiere das gesamte Becken nutzen könnten, sei das immer noch zu klein, so die Tierschützer. Einer der größten Kritikpunkte der Gegner: Seit Ende der 90er Jahre hat es in Nürnberg keine erfolgreiche Nachzucht gegeben. Schamicke: „Dass sich die Tiere nicht fortpflanzen, zeigt, dass was nicht stimmt.“ Tierschützer befürchten als Folge weitere Wildfänge.

Von Fersen dementiert ein solches Vorhaben und reagiert beim Thema Fortpflanzung gelassen: „Da muss man geduldig sein.“ Den Vorwurf, aggressive Tiere würden laut Tiergarten-Akten mit Valium ruhiggestellt, weist der Biologe zurück. Die Menge, in der das Medikament verabreicht werde, sei unbedenklich. Es diene der Appetitanregung. Nur in Ausnahmen werde Valium zur Beruhigung gegeben.

Ein Vater, der mit seiner Familie den Tiergarten besucht, ist begeistert von der Show und der Delfinlagune. Dass die Tiere einen Bildungsauftrag erfüllen und seine Kinder für das Thema Artenschutz sensibilisieren, bezweifelt der 38-Jährige jedoch: „Da steht der Spaßfaktor im Vordergrund.“ Für von Fersen sind die Delfine Botschafter ihrer Artgenossen in freier Natur: „Vieles, was wir über die Tiere wissen, verdanken wir der Forschung in Delfinarien.“ Zudem unterstütze der Tiergarten mit dem Verein „Yaqu Pacha“ die Rettung bedrohter Meeressäuger in Südamerika.

Im Mai kam der Streit zwischen Tierschützern und Befürwortern der Delfinarien auf oberster politischer Ebene an. Der Antrag der Grünen, Delfinarien zu verbieten, wurde vom zuständigen Bundestagsausschuss abgelehnt. Nur in einer Sache waren sich danach alle einig: Das letzte Wort ist bei dieser Diskussion noch nicht gesprochen.