Nürnberg
1,2 Milliarden Euro für 125 Kilometer

Bahn legt Pläne für Elektrifizierung der Strecke Nürnberg-Marktredwitz vor Probleme im Oberen Pegnitztal

03.07.2017 | Stand 02.12.2020, 17:50 Uhr

Die Brücken im Oberen Pegnitztal sind denkmalgeschützt und aus Sicht vieler Eisenbahnfreunde unschätzbare Dokumente der Ingenieurskunst des 19. Jahrhunderts. Bei einer Elektrifizierung droht ihnen die Zerstörung. - Foto: Wraneschitz

Nürnberg (HK) Ups, da wurden wohl alle überrascht. Aus heiterem Himmel - die Sonne strahlte jedenfalls herrlich - flatterte eine Mail auf die Computer Nordbayerns: "Bahn startet Vorplanung für die Elektrifizierung der Strecke Nürnberg-Marktredwitz (N-MAK)."

Auf diese Bahnnachricht hatten Verantwortliche der Europäischen Metropolregion Nürnberg - also Franken - seit Jahrzehnten gewartet. Aber nun kam sie an diesem sonnigen Sommernachmittag.

Offensichtlich hatte niemand in der Metropolregion mehr so richtig mit dieser Bahninfo gerechnet. Warum denn auch? Der Bundesverkehrswegeplan (VWP) mit den zugehörigen Projektlisten trat bereits zum 1. Januar offiziell in Kraft. Darin ist N-MAK als VB (Vordringlicher Bedarf) erwähnt. Und auch der Planungsstand VP (Vorplanung) steht dort längst drin. Aber seit Jahreswechsel passierte wieder - nichts.

Auch die Elektrifizierung zwischen Nürnberg-Dutzendteich und Nürnberg-Ost ist laut Verkehrswegeplan vordringlich notwendig, um bis zu 750 Meter lange Güterzüge elektrisch getrieben von der Noris Richtung Nordostbayern fahren zu lassen. Das Nutzen-Kosten-Verhältnis, liegt laut Bundesregierung mit 1,3 ohnehin im absoluten Vorderfeld der Dringlichkeitstabelle im Verkehrswegeplan 2030.

Bayerns Staatsregierung zitierte in ihrem Bericht von der Kulmbacher Kabinettssitzung auch nur den Verkehrswegeplan vom Ende letzten Jahres: "Für den Streckenabschnitt Nürnberg-Marktredwitz läuft die Vorplanung." Gegen diese Einschätzung spricht aber: Bei der Bahn stand bis Mitte Juni - also noch nach Bayerns Kabinettssitzung - im Internet die Ampel für N-MAK weiter auf "Grundlagenermittlung". Die jedoch müsste schon seit langer Zeit abgeschlossen sein, sonst hätte die Aufnahme in den Bundesregierungsplan ja gar nicht erfolgen können.

Außerdem dürfte vor Kurzem ein konkreter Auftrag an die Bahn ergangen sein, die Vorplanung in Angriff zu nehmen, vermuten Quellen in der Metropolregion. Doch wer diesen Auftrag erteilt hat, dazu schweigt sich trotz unserer Nachfrage das Bundesverkehrsministerium aus.

"Im Grund beginnt jetzt die Bürgerbeteiligung. Wir werden jetzt mit Betroffenen, mit Gemeinden reden, um lange Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden", versucht ein Bahnsprecher zu erklären, warum ausgerechnet jetzt die Presseinfo veröffentlicht wurde. Und: "Am Ende der Vorplanung stehen technische Varianten und Kostenschätzungen dafür." Ende 2019 soll es laut Bahn so weit sein. Doch selbst dafür nennt der VWP schon Zahlen: Fast 1,2 Milliarden Euro sieht er für die 125 Kilometer lange, zweigleisige Strecke N-MAK vor, davon 842 Millionen Euro für Neubau- und 353 Millionen für Erhaltungsmaßnahmen.

Probleme sieht man seitens der Bahn vor allem "im oberen Pegnitztal. Dieser Abschnitt beinhaltet eine Teilstrecke mit sehr anspruchsvollem konstruktivem Ingenieurbau: Hier befinden sich 23 sanierungsbedürftige, teilweise über 100 Jahre alte, denkmalgeschützte Brücken und sieben Tunnel. An einigen Stellen ist der Abstand zwischen Brücke und Tunnel sehr kurz." Und Platz für Strommasten ist kaum vorhanden.

Das ist auch betroffenen Gemeinden bekannt und bewusst. Dennoch kommentiert Birgit Seelbinder, Präsidentin der deutsch-tschechischen Initiative Euregio Egrensis die aktuelle Presseinfo der Bahn euphorisch: "Ich bin sehr sehr froh und kann das nur begrüßen." Denn immerhin betreffe die Strecke auch den internationalen Güterverkehr. Nun hofft Seelbinder für den deutsch-tschechischen Bahngipfel am 27. Juli in Furth im Wald auf konkretere Informationen.

Bayerns Verkehrsministerium wie auch die Metropolregion Nürnberg (EMN) weisen auf einen weiteren wichtigen Punkt hin: Diese Strecke sei neben dem "überaus wichtigen grenzüberschreitenden Faktor" eine "ebenso wichtige Voraussetzung für die Erweiterung der S-Bahn-Strecken in der EMN", erklärt der EMN-Ratsvorsitzende und Nürnberger Landrat Armin Kroder auf Anfrage unserer Zeitung. Und das Ministerium schreibt uns: "Als Synergieeffekt des Ausbaus könnte auch die S-Bahn-Erweiterung im Nürnberger Nordosten bis Hersbruck und Simmelsdorf-Hüttenbach mit Einsatz bayerischer Mittel verwirklicht werden. Ohne den Ausbau der Bedarfsplanstrecke wäre dieser Ausbau zu teuer, um wirtschaftlich zu sein."