Noch viele ungeklärte Fragen

07.03.2010 | Stand 03.12.2020, 4:12 Uhr

München (DK) Angesichts der Missbrauchsvorwürfe in der katholischen Kirche hat die Basisbewegung "Wir sind Kirche" Rechenschaft von Papst Benedikt XVI. verlangt. "Von 1977 bis 1981 war Joseph Ratzinger Bischof von München und Freising – er muss also die Frage beantworten, was er damals gewusst hat, und weshalb er wie gehandelt hat", sagte Sprecher Christian Weisner gestern.

Signal aus Rom

Dass der Vatikan Klarheit und Gerechtigkeit für die Missbrauchsopfer will, geht aus einer Notiz der vatikanischen Tageszeitung "Osservatore Romano" vom Samstag hervor. Der Heilige Stuhl unterstütze die Diözesen in deren Bemühungen, im Sinne der Vorgaben der Deutschen Bischofskonferenz "die schmerzliche Frage entschieden und in offener Weise zu untersuchen", heißt es darin.

Am Freitag waren Details zu den Jahre zurückliegenden Missbrauchsfällen im Kloster Ettal und bei den Regensburger Domspatzen bekanntgegeben worden. Der Kirchenmusiker Georg Ratzinger (86) hatte die Regensburger Domspatzen von 1964 bis 1994 geleitet. "Ich habe nichts davon gewusst", betonte der Papst-Bruder gestern im Interview mit "La Repubblica". Als Zeuge stünde er eventuellen Ermittlungen aber zur Verfügung, sagte er. Er bedauerte die "Feindseligkeit" hinter einigen Behauptungen: "Ich spüre teilweise eine Feindseligkeit der Kirche gegenüber, die bewusste Intention, schlecht über die Kirche zu reden." Der "Bild" sagte Georg Ratzinger: "Bei uns ging es streng zu, aber das war nötig, weil ja Leistung gefordert wurde." Der Regensburger Bischof Gerhard Ludwig Müller erklärte im "Osservatore Romano", dass die "in Erinnerung zurückgerufenen" Missbrauchsfälle seit Ende der 50er Jahre nicht Georg Ratzingers Amtszeit beträfen.

Bayerns Justizministerin Beate Merk (CSU) meinte, die katholische Kirche müsse jetzt ein klares Signal geben, dass ihr der Schutz der Opfer und das Mitgefühl mit den Kindern "wirklich das Wichtigste ist". Dafür müsse die Kirche "ganz konsequent" mit den Staatsanwaltschaften zusammenarbeiten und Verdachtsmomente weitergeben. In der "Süddeutschen Zeitung" forderte sie zugleich längere Verjährungsfristen für sexuellen Missbrauch.

"Kein Generalverdacht"

Staatsminister Siegfried Schneider (CSU) sprach sich bei der Frühjahrsvollversammlung des Landeskomitees der Katholiken in Bayern für eine differenzierte Betrachtung der Missbrauchsfälle aus. "Die Verantwortlichen müssen benannt und zur Rechenschaft gezogen werden, aber es darf kein Generalverdacht entstehen", erklärte Schneider in Eichstätt. Eine schnelle Aufklärung sei auch insofern nötig um zu zeigen, wie segensreich das Wirken von vielen katholischen Erziehern "ist und sein wird". Der Eichstätter Bischof, Gregor Maria Hanke, plädierte für eine "Aufklärung ohne wenn und aber". Allerdings sei dabei bedeutsam, sich "nicht paralysieren zu lassen". "Es darf nicht der Eindruck erweckt werden, dass da ein System dahinter steht", so Hanke.