Fall Rupp: Familie will nach Fehlurteil Haftentschädigung

22.04.2015 | Stand 02.12.2020, 21:23 Uhr

Die Wende im Fall Rupp: Am 10. März 2009 fischten Polizeitaucher Rudolf Rupps Mercedes aus der Donau. In dem Auto fanden sie die Leiche des Neuburger Landwirts. Bis dahin hatten die Ermittler geglaubt, seine Familie habe ihn an die Hofhunde verfüttert. Archivfoto: Rein

Ingolstadt (DK) 2011 fiel das endgültige Urteil im Fall des auf mysteriöse Weise zu Tode gekommenen Bauern Rudolf Rupp: Die Angeklagten wurden freigesprochen. Doch der Fall zieht noch immer seine Kreise. Vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte kämpfen die Anwälte um Haftentschädigung.

Das Urteil, das der Vorsitzende Richter Theo Ziegler im Wiederaufnahmeverfahren des Fall Rupp am 25. Februar 2011 am Landgericht Landshut verkündete, war äußerst ungewöhnlich. Er sei überzeugt, dass die Angeklagten „die Ursache für den Tod gesetzt“ hätten – sprich: seiner Ansicht nach, wurde Rudolf Rupp von den Angeklagten umgebracht. Weil man allerdings nicht wisse, wer genau wie daran beteiligt war, seien die Angeklagten freizusprechen.

Für die Anwälte war das Urteil aber vor allem aus einem Grund enttäuschend: Ihren Mandanten wurde keine Haftentschädigung zugesprochen. Die Begründung: Durch ihre falschen Geständnisse, hätten sie ihre Gefängnisstrafe sozusagen selbst verschuldet. Das wollten die Anwälte nicht akzeptieren – sie kämpfen bis heute.

Wie Klaus Wittmann, Anwalt der Witwe des Bauern, unserer Zeitung bestätigte, läuft bereits seit 2012 ein Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR). Mit der eingereichten Beschwerde hoffen er und seine Kollegen doch noch ans Ziel zu kommen. Schließlich hätten die Angeklagten die falschen Geständnisse ja nicht auf eigene Faust erfunden, sondern durch Druck der ermittelnden Beamten.

Seit fast 14 Jahren sorgt der mysteriöse Tod von Rupp nun für Schlagzeilen. In der Nacht von 12. auf 13. Oktober 2001 verschwand der im Neuburger Stadtteil Heinrichsheim wohnende Landwirt nach einem Kneipenbesuch ohne jede Spur. Im Mai 2005 wurden schließlich die Rupps Witwe sowie ihr Schwiegersohn in spe wegen gemeinschaftlichen Totschlags zu jeweils achteinhalb Jahren Haft verurteilt, die Töchter wegen Beihilfe zu zweieinhalb beziehungsweise dreieinhalb Jahren. Das Quartett sollte laut Urteil den Landwirt umgebracht, zerstückelt und anschließend an die Hofhunde verfüttert haben. Allerdings hatten die Ermittler weder Leichenreste noch Rupps Mercedes gefunden.

Die große Wende kam 2009: In der Bergheimer Staustufe entdeckten Polizeitaucher mehr oder weniger zufällig Rupps Auto – samt seiner Leiche im Inneren. Somit war klar, dass das Urteil von 2005 falsch sein musste. Nach einigem Zögern der Justiz kam es schließlich 2010 zum Wiederaufnahmeverfahren, das 2011 mit Freisprüchen endete – aber eben ohne eine Haftentschädigung. Die Beschwerde vor dem EGMR ist nun die letztmögliche Chance auf Entschädigung – das Verfahren läuft übrigens nur für drei der damals vier Angeklagten: für die Witwe und ihre beiden Töchter – der damals mit angeklagte Ex-Freund einer der Töchter ist nicht mehr involviert. Im Erfolgsfall würde er laut Wittmann dann auch keine Entschädigung erhalten.

Dass das Verfahren nun schon seit knapp drei Jahren läuft, deutet Anwalt Wittmann als positiv: „Das ist kein schlechtes Zeichen.“ Aussichtslose Verfahren würden seines Wissens meist schneller abgewiesen.