Neuburg
Ersthelfer werden per Smartphone alarmiert

Am 1. Oktober startet in der Region das bayernweit erste System der "Mobilen Retter" bei medizinischen Notfällen

23.09.2016 | Stand 02.12.2020, 19:16 Uhr

Ersthelfer in der Nähe per Smartphone alarmieren: Darum geht es bei dem System, das der Neuburger Notarzt Alexander Hatz (links) und Initiator Ralf Stroop am Freitag vorstellten. - Foto: Schanz/Bearbeitung: Lerzer

Neuburg (DK) Bei medizinischen Notfällen können Minuten über Leben und Tod entscheiden. Das System "Mobile Retter" ortet und alarmiert Ersthelfer in der Nähe des Patienten - per Smartphone. Ab Oktober wird es in Ingolstadt, den Landkreisen Eichstätt, Neuburg-Schrobenhausen und Pfaffenhofen sowie den dazugehörigen Landkreisgemeinden "scharfgeschaltet".

"Es geht um Notfälle, wo wirklich jede Sekunde zählt, bei Bewusstlosigkeit, bei Herz-Kreislauf-Stillstand", erklärt der Neuburger Notarzt Alexander Hatz. Geht ein solcher Fall bei der Integrierten Rettungsleitstelle in Ingolstadt ein, kann dort die Smartphone-Suche aktiviert werden. Das System ortet dann automatisch per GPS, welcher angemeldete Ersthelfer in der Nähe ist und lotst ihn dort hin, wo seine Hilfe benötigt wird - bis der Rettungsdienst eintrifft. "Das hilft uns Zeit einsparen, und Zeit ist Überleben", betont der Ärztliche Leiter des Rettungsdienstes in der Region 10. Im April begann die Rekrutierung der potenziellen Lebensretter. Feuerwehrler, Rettungsdienstpersonal, Ärzte, Krankenpfleger, Sanitäter, Rettungsschwimmer, Technische Hilfskräfte, Arzthelferinnen oder Medizinstudenten: Jeder, der in Erster Hilfe fit ist, kommt infrage. "Wir haben bisher 300 freiwillige Helfer registriert, die ersten 160 werden an diesem Wochenende speziell geschult", erklärt Hatz.

Ziel ist es, in der Region um Ingolstadt zwischen 500 und 800 Personen bereitzustellen, um eine flächendeckende Versorgung zu sichern. "Ein bis zwei Promille der Bevölkerung braucht man rechnerisch, um Flächendeckung zu erzielen, und die Region hat rund 430 000 Menschen", rechnet Hatz vor. "Wir sind bayernweit die Ersten, die das System einführen, und ich denke, dass es sich im ganzen Freistaat etablieren wird." Der Rettungszweckverband gibt dafür 25 000 Euro im ersten Jahr aus, die Wartung kostet laut Hatz jährlich etwa 10 000 Euro.

Die Idee dazu hatte der Gütersloher Notarzt Ralf Stroop, wo das System bereits seit 2013 im Einsatz ist. Seither habe man dort rund 1000 Alarmierungen gezählt und einige Leben retten können. Stroop erzählt von einem Fall, bei dem ein Feuerwehrmann per Smartphone-App alarmiert wurde und feststellte, dass der Notfall nur wenige Hundert Meter weiter in seinem Heimatdorf lag - eine Bekannte war kollabiert und bewusstlos. "Rettungsdienst und Notarzt waren relativ weit weg, aber er war innerhalb kürzester Zeit bei der Patientin." Die sofort eingeleitete Herz-Druck-Massage bis zum Eintreffen der Helfer mit dem Defibrillator habe der 50-Jährigen das Leben gerettet, erklärt Stroop und zeigt ein Foto der Frau mit dem befreundeten Feuerwehrmann.

Konkret funktioniert das System so: Geht ein Notruf bei der Rettungsleitstelle ein, kann es dort aktiviert werden. Der Computer sucht dann automatisch Helfer in der Nähe, dazu wertet die Software die GPS-Ortung der Handys aus. Auf dem Smartphone erscheint die Alarmierung, die der Retter annehmen oder ablehnen kann, wenn er gerade nicht kann. Nimmt er an, bekommt er den Einsatzort und Informationen über den Notfall - und fährt los. "Sonderrechte im Straßenverkehr hat er dabei nicht", stellt der Notarzt klar. Dafür erhalten Mobile Retter eine Haftpflicht- und eine Unfallversicherung.

Der Landesverband des Bayerischen Roten Kreuzes in München zeigt sich aufgeschlossen für diese neue Ersthelfer-Alarmierung: "Als Rettungsdienstorganisation werden wir die ,Mobilen Retter' mit Interesse beobachten", erklärt Sprecherin Hanna Hutschenreiter auf Anfrage. "Allerdings können wir das System noch nicht beurteilen, da aus Bayern bisher keinerlei Erfahrungswerte vorliegen." Weitere Infos gibt es unter www.mobile-retter.de" class="more" rel="nofollow"%> im Internet.