Münchsmünster
Baumeister im Training

28.10.2014 | Stand 02.12.2020, 22:03 Uhr
In der Bauinstandsetzungseinrichtung gibt es immer viel zu tun: Eine Gruppe stellt Rohrverbindungen für die Heizungsinstallation her. Auch im Bau von mobilen Brücken können sich die Pioniere in Münchsmünster üben, damit sie in einem konkreten Fall wissen, wie diese installiert werden müssen. −Foto: Obster

Münchsmünster (DK) Auf dem Gelände der Pionierkaserne Münchsmünster (Landkreis Pfaffenhofen) ist seit 1996 die zentrale Ausbildungsstätte der Pioniergruppe der Bundeswehr für Bauinstandsetzung angesiedelt. Jedes Jahr bereiten sich hier bis zu 3000 Soldaten auf ihre Einsätze vor.

 

Das „Chamäleon“ hat im Laufe seiner Existenz schon viel mitmachen müssen: In Skelettbauweise errichtet, wurden in dem Übungshaus schon unzählige Male Wände zertrümmert und wieder aufgebaut, mit dem Bagger Löcher in den Dachstuhl geschlagen, um sie zu reparieren, Türen und Fester herausgesprengt und neu eingebaut – je nach Wissensstand und Fertigkeiten der Baumeister mal mehr oder weniger fachmännisch. Aber hier geht es auch nicht um Schönheit oder das optimale Spaltmaß. Es geht um die Ausbildung handwerklicher Fähigkeiten, ein Sich-Vertraut-Machen mit Arbeitsschritten und Geräten, damit an einem Einsatzort nicht lange überlegt werden muss, was zu tun ist, sondern jeder seine Aufgabe kennt und die Truppe oder Pioniere Hand in Hand arbeiten können.

Die Bauinstandsetzung der Bundeswehr ist zum einen dafür da, Infrastruktur aufzubauen oder zu erneuern, etwa Straßen, Brücken, Unterkünfte, Flughäfen, Häfen und vieles mehr. Hinzu kommt „der Schutz eigener Kräfte in Auslandseinsätzen, was bauliche Maßnahmen betrifft“, sagt der Leiter der Bauinstandsetzungseinrichtung, Oberstleutnant André Wittig. Das können zum Beispiel Erdwälle, Schutzbunker oder Wachtürme sein.

Die Kaserne in Münchsmünster ist Teil der Pionierschule Ingolstadt, in der 20 Soldaten als Stammpersonal ihren Dienst leisten. Ihre Aufgabe ist es, die Truppen, die zu ihnen kommen, fachlich anzuleiten. Das geschieht entweder, indem sie den Ausbilder der jeweiligen Truppe – also einen bereits ausgebildeten Maurer oder Zimmermann – für ein bestimmtes Projekt weiterbilden. Oder indem sie eine Art Supervisor-Funktion übernehmen, um den Truppen samt ihren Ausbildern bei den einzelnen Trainings zur Seite zu stehen. Ob im Holzbau, Hoch- und Tiefbau, Sanitär- oder Elektrobereich: Möglichkeiten zu speziellen Ausbildungen gibt es hunderte, wie Wittig erklärt. Momentan bereiten sich zum Beispiel britische Pioniere auf ihren Einsatz in Kenia im Januar 2015 vor: Sie lernen neben Installations-, Maurer- und Betonarbeiten, auch Dachbinder – also das tragende Teil eines Dachstuhls – zu fertigen. Genauso gut könnten sich die Soldaten aber auch im Brücken- oder Rampenbau weiterbilden und dafür Übungen an verschiedenen Pioniergerätesätzen absolvieren, sich Wissen über Elektro- oder Heizungsinstallation aneignen oder ihre bereits erworbenen Kenntnisse als Kranführer auffrischen.

Werkstätten, Lagerhallen, Übungsplätze, Maschinen, Fahrzeuge und natürlich auch Kantine und Unterkünfte für die meist 14 Tage dauernden Ausbildungsaufenthalte stellt die Kaserne Münchsmünster zur Verfügung. Auch das Material, das die Truppe benötigt, kann dorthin geliefert werden. Bezahlen muss sie es jedoch selbst.

„Wir sagen immer: Setzt eure Soldaten nur in einen Bus, um alles andere kümmern wir uns“, sagt Wittig. Ob eine Kompanie tatsächlich kommt, ist ihre eigene Entscheidung. Wenn sie dann kommt, wählt sie selbst aus, welche Stationen sie auf dem weiträumigen Gelände durchlaufen möchte, um sich auf eine bestimmte Aufgabe vorzubereiten. Die „Hausherren“ in Münchsmünster beraten über die Möglichkeiten und erstellen eine Art Lehrplan.

Gearbeitet wird überwiegend mit Geräten und Mitteln, die technisch auf dem neuesten Stand sind – so können die Soldaten etwa vier verschiedene Schweißarten proben.

Allerdings muss auch Platz für Kreativität bleiben. Denn an einem Einsatzort, etwa in einem Entwicklungsland, stehen diese Hilfsmittel nicht automatisch zur Verfügung. „Dort müssen wir den Werkstoff benutzen, der gerade zur Verfügung steht“, sagt Wittig. So werden Gummischläuche zu Wasserleitungen oder zusammengebundene Fässer zu Booten. Denn auch mit solchen Hilfsmaßnahmen müssen die Soldaten vor Ort zurechtkommen. „Was wir so gut wie überall in den Einsatzgebieten finden, ist Holz“, sagt Wittig. Das Herstellen von Holzverbindungen gehört deshalb unter anderem zur Grundlagenausbildung.

Das „Chamäleon“ bietet noch eine weitere nützliche Ausbildungsmöglichkeit – die Erkundung: Was finde ich überhaupt vor? Ist es nutzbar? Was ist zerstört? Welche Arbeiten muss ich ausführen? „Das ist die Grundlage für die Bauplanung und damit für die handwerklichen Tätigkeiten, die ausgeführt werden müssen“, erklärt Wittig. „Zum Schluss müssen alle Löcher weg sein, Türen und Fenster drinnen sein, die Lichtschalter funktionieren und das Gebäude nutzbar sein.“