München
Seehofers Personal-Puzzle

Der Ministerpräsident will Posten auch nach Beliebtheit im Volk vergeben – die Wahl hilft da nur bedingt

18.09.2013 | Stand 02.12.2020, 23:39 Uhr

 

München (DK) Wer wird Minister, wer CSU-Fraktionschef? Die Verteilung der politischen Spitzenposten im Freistaat hat Ministerpräsident Horst Seehofer von der Unterstützung der Bürger für den jeweiligen Kandidaten abhängig gemacht. Jetzt hat das Volk gesprochen – und macht es ihm nicht leicht.

Am kommenden Mittwoch könnte es ernst werden bei der CSU. Die neu gewählte Fraktion kommt erstmals zusammen. Dann wird womöglich schon ein neuer Fraktionschef gewählt. Sicher ist das nicht. Denn wer es werden soll, ist offen. Zumindest hinter den Kulissen ist aber klar, wer den Posten gerne hätte: die oberbayerische CSU-Bezirkschefin Ilse Aigner und der Nürnberger CSU-Bezirkschef und Finanzminister Markus Söder. Sie rechnen sich auch die besten Chancen auf die Nachfolge Seehofers aus.

Auch für den Fraktionschef hat Seehofer als CSU-Chef ein Vorschlagsrecht. Ginge es nur nach der Zustimmung in der Bevölkerung, dürfte ihm die Auswahl schwerfallen. Beide haben nach der Wahl Argumente auf ihrer Seite. Ilse Aigner hat ein gutes Gesamtergebnis der CSU-Oberbayern vorzuweisen – ein Plus um fast acht Prozent an Gesamtstimmen im Vergleich zu 2008. Auch ihren Stimmkreis gewann sie souverän. Vieles spricht für Aigner, nichts wirklich gegen sie.

Auch Söder legte in seinem Nürnberger Stimmkreis zu. Dafür ist das CSU-Gesamtergebnis in Nürnberg – seit jeher nicht gerade eine christsoziale Hochburg – eher bescheiden. Söders großes Plus ist aber sein persönliches Zweitstimmenergebnis. Auf der mittelfränkischen Wahlliste wurde er Stimmenkönig. Fast 140 000 Menschen machten ihr Kreuz für ihn. Damit überflügelte er sogar den an Platz eins gesetzten Innenminister Joachim Herrmann. Für Herrmann ist das nicht schön. Er hat sein Ministerium aber derart sicher, dass es ihm wohl auch nicht wehtut. Ingesamt also schwer zu sagen, wer die Nase vorne hat. Auch der mögliche Konsenskandidat für die Fraktion, Staatskanzleichef Thomas Kreuzer, konnte überzeugen – sowohl im Stimmkreis als auch auf der Liste.

Ähnlich vertrackt ist die Ausgangslage für die Kabinettsbildung. Von denen, die für die Regierung infrage kommen, fiel keiner wirklich durch – was auch am triumphalen CSU-Gesamtergebnis liegt. Sozialministerin Christine Haderthauer, ebenfalls häufig als Kronprinzessin gehandelt, geht gestärkt aus der Wahl hervor. Im Ingolstädter Stimmkreis legte sie zu, auf der oberbayerischen Liste kletterte sie von Platz vier auf Platz drei.

Doch selbst Wackelkandidatinnen wurden überzeugend gewählt. Justizministerin Beate Merk, die wegen der Affäre Mollath viele schon abgeschrieben hatten, gewann ihren Stimmkreis in Neu-Ulm souverän, auf der schwäbischen Liste behauptete sie mit großem Abstand Platz eins. Gleiches gilt für Europaministerin Emilia Müller auf der oberpfälzischen Liste.

Auch die Kabinettsmitglieder, die wegen der Verwandtenaffäre unter Druck waren, rehabilitierten die Wähler. Mit Stimmenverlusten abgestraft wurden lediglich die Abgeordneten Alexander König, Georg Winter und Jürgen Heike. König hatte eine teure Kamera auf Steuerzahlerkosten gekauft, Winter seine minderjährigen Kinder beschäftigt, Heike hatte seine Mitarbeiterpauschale an eine mit ihm verbundene Anwaltskanzlei überwiesen. Erwähnenswert wäre da noch Umweltminister Marcel Huber. Er wurde Erststimmenkönig. In seinem Stimmkreis Mühldorf wählten ihn 63,1 Prozent.

Wer einen Schönheitsfehler suchen möchte, findet ihn am ehesten bei Kultusminister Ludwig Spaenle. Seinen umkämpften Stimmkreis in München-Schwabing gewann er nur knapp. Und auf der Oberbayern-Liste reichten ihn die Wähler von Platz drei auf Platz 18 durch. Wehtun dürfte das aber auch Spaenle nicht. Ihm hatte Seehofer schon vor der Wahl eine Jobgarantie gegeben.

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