München
Terminabsagen und unklare Rechnungen

Neue Details zu ihrer ehemaligen Modellautofirma bringen Christine Haderthauer in Erklärungsnot

31.07.2014 | Stand 02.12.2020, 22:24 Uhr
Christine Haderthauer −Foto: Strisch

München (DK) Was ist dran an den Vorwürfen gegen Staatskanzleichefin Christine Haderthauer (CSU)? Im Streit um ihre frühere Modellautofirma wird über verdächtige Überweisungen berichtet. Hat sie länger mit den Geschäften zu tun gehabt als behauptet? Nein, sagt sie. In der CSU herrscht Ratlosigkeit.

Die Ministerin macht sich rar. Schernfeld im Altmühltal gestern Morgen. Die Nachricht sickert mehr durch, als dass sie verkündet würde: Christine Haderthauer hat ihren Besuch bei den Lamm-Erlebnistagen am „Geländer“ abgesagt. Ein Sprecher der Staatskanzlei bestätigt das auf Anfrage. Vergangenes Jahr war Ilse Aigner hier zu Gast. Ein bisschen Plauschen, ein Lämmchen auf den Arm nehmen, schöne Bilder. Weiß Gott kein unangenehmer Termin – unter normalen Umständen.

Für Haderthauer droht aber gerade jeder öffentliche Auftritt unangenehm zu werden. Hat sie wirklich – wie behauptet – seit 2004 nichts mehr mit ihrer früheren Firma „Sapor Modelltechnik“ zu tun? Und haben die Haderthauers einen früheren Geschäftspartner über den Tisch gezogen? Bohrende Fragen.

Die Staatsanwaltschaft München II will gegen Haderthauer ermitteln. Am Dienstag hatte die Behörde beim Landtag die Aufhebung ihrer Immunität beantragt. Die 48-stündige Einspruchsfrist des Parlaments ist abgelaufen. Vorermittlungen laufen schon, theoretisch könnten nun auch förmliche Ermittlungen beginnen. Noch sei aber kein Verfahren eingeleitet, heißt es bei der Staatsanwaltschaft. Offenbar gibt es noch internen Abstimmungsbedarf. Ein ehemaliger Geschäftspartner der Modellautofirma, aus der Haderthauer nach eigenen Angaben Ende 2003 als Gesellschafterin ausgestiegen war, hatte Anzeige erstattet. Der Mann der heutigen Ministerin, Hubert Haderthauer, hatte ihren Anteil 2003 übernommen und die Firma 2008 verkauft. Der Mitgesellschafter bekam zwar später 20.000 Euro, fühlt sich aber betrogen. Derweil kündigte ein von Hubert Haderthauer als Modellbauer in der Psychiatrie beschäftigter Dreifach-Mörder ebenfalls Strafanzeige gegen die Ministerin an.

Die „Süddeutsche Zeitung“ berichtet nun von zwei verdächtigen Zahlungen über insgesamt 5500 Euro, die 2008 vom Geschäftskonto der Firma an Haderthauers persönliches Konto gingen. Hat sie also doch länger mit den Geschäften zu tun gehabt? Haderthauer bestreitet das. Sie habe ausgelegtes Geld zurückerstattet bekommen. Für die Modellbaufirma habe sie die Rechnung einer Ingolstädter PR-Firma bezahlt, die auch für sie als Politikerin gearbeitet habe. Versehentlich habe sie von ihrem Privatkonto überwiesen. „So etwas kommt in jedem Handwerkerhaushalt mal vor“, sagt sie. Bei dem PR-Dienstleister handelt es sich offenbar um die Firma der Ingolstädter Stadträtin Dorothea Soffner (CSU). Soffner war gestern nicht zu erreichen.

Allerdings berichtet die „Süddeutsche Zeitung“ auch, nach „ersten Erkenntnissen“ der Staatsanwaltschaft könnte der Anteil für den Ex-Partner tatsächlich zu gering gewesen sein. Zudem sollen Reisekosten aus 2007 aufgetaucht sein, von denen nicht klar ist, ob sie zurecht über die Firma abgerechnet wurden. Die Reisen habe Hubert Haderthauer mit einer zweiten Person unternommen. Offenbar halten es die Ermittler für möglich, dass dies seine Frau gewesen sein könnte. Nach Informationen unserer Zeitung reiste er allerdings immer wieder mit der gemeinsamen Tochter.

Den Vorwürfen der Opposition geben diese Details neue Nahrung. Allerdings weiß auch in der CSU inzwischen mancher nicht mehr, was er glauben soll. „Man kennt die Erklärungen und hört die Beteuerungen“, sagt ein führender Landtagsabgeordneter. „Aber man kann das nicht einschätzen.“ Man müsse schlicht die Ermittlungen abwarten.

Ministerpräsident Horst Seehofer hatte Haderthauer zuletzt zweimal sein Vertrauen ausgesprochen. Die Frage ist, wie lange das gilt. Das Ganze sei nun auch eine „Affäre des Ministerpräsidenten selbst“, sagt SPD-Fraktionschef Markus Rinderspacher. SPD, Grüne und Freie Wähler einigten sich gestern endgültig darauf, einen Untersuchungsausschuss einzusetzen.

Und die CSU hat noch andere Probleme. Parteivize Peter Gauweiler steht in der Kritik, weil er als Anwalt Druck auf Justizbehörden ausgeübt haben soll. Und Ex-Fraktionschef Georg Schmid wird demnächst in Sachen Verwandtenaffäre angeklagt. Klar ist: Spätestens, wenn es im Fall Haderthauer zur Anklage käme, wäre die Ministerin nicht mehr tragbar.

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