München
Söders "Heimatstrategie" stößt auf Widerstand

Zahlreiche Verbände machen mobil gegen die erleichterte Ansiedlung neuer Gewerbeflächen auf der grünen Wiese

30.06.2015 | Stand 02.12.2020, 21:07 Uhr

München (DK) Widerstand auf breiter Front gegen die sogenannte „Heimatstrategie“ von Bayerns Finanz- und Heimatminister Markus Söder (CSU, Foto): Der Bund Naturschutz, die Deutsche Akademie für Städtebau und Landesplanung (DASL), die Bayerische Architektenkammer und der Bayerische Landesverein für Heimatpflege befürchten einen „Ausverkauf unserer bayerischen Kulturlandschaft“ und starten deshalb eine Massenpetition.

Konkret geht es den Verbänden um die vom Minister geplante Aufhebung des Anbindegebots in seiner Heimatstrategie – also die Erlaubnis, neue Gewerbegebiete künftig auch entfernt von traditionellen Siedlungen zu erlauben, beispielsweise an Autobahnabfahrten oder eben auf der berühmten grünen Wiese. „Das führt zu einem ruinösen Wettbewerb der Kommunen untereinander“, warnt Hubert Weiger, der Landesvorsitzende des Bund Naturschutz. Denn mehr Gewerbegebiete bedeuten einen Preisverfall bei der Gewerbefläche. Obendrein werde die Landschaft zersiedelt: „Dann sieht es irgendwann in Bayern so aus wie heute schon in Teilen Norditaliens – mit Gewerbegebieten, die sich auch zwischen den einzelnen Ortschaften über hunderte Kilometer erstrecken.“

Andrea Gebhard, die Landesvorsitzende der DASL, vermisst vor allem das steuernde Element im bayerischen Landesentwicklungsplan, das genau solche Entwicklungen in den vergangenen Jahrzehnten im Freistaat verhindert habe. „Große und unzerschnittene Landschaftsräume waren ein charakteristisches Merkmal Bayerns.“ Als warnendes Paradebeispiel nennt sie unter anderem das interkommunale Gewerbegebiet „Auf der Au“ im Argental im Landkreis Lindau, einem landschaftlichen Vorhaltegebiet. Mehr als acht Hektar groß soll es werden. Obwohl Alternativen vorhanden wären – unter anderem ein ehemaliges Sägewerk sowie der frühere Standort eines Autohauses – würden diese nicht genutzt. Man appelliere an den Landtag, dieses Projekt zu stoppen, bevor es zu spät sei.

Auch wenn sich Architekten über jeden Auftrag grundsätzlich freuen – Rudolf Scherzer, der Vizepräsident der Bayerischen Architektenkammer, sieht seinen Berufsstand trotzdem in einer „gesamtgesellschaftlichen Verantwortung“. „Wir dienen nicht nur den Interessen des Bauherren, sondern erfüllen als Körperschaft des öffentlichen Rechts auch übergeordnete politische Aufgaben.“

Martin Wölzmüller, der Geschäftsführer des Landesvereins für Heimatpflege, beklagt die durch die bisherigen Lockerungen bei der Gewerbeansiedlung schon entstandenen Folgen: „Die biologische Vielfalt in Bayern geht zurück, die Wasserqualität nimmt ab.“

Aber es gibt auch Befürworter der „Heimatstrategie“ – beispielsweise den mehr als 2000 Mitglieder zählenden Bayerischen Gemeindetag, also die Interessenvertretung der kleinen und mittleren Kommunen im Freistaat. Bürgermeistern in strukturschwachen Regionen werde somit die Ansiedlung neuer Firmen erleichtert. „Damit wird dem Verfassungsprinzip einer Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse in Bayern Rechnung getragen“, freut sich Uwe Brandl (CSU), der Bürgermeister der Gemeinde Abensberg im Landkreis Kelheim und Präsident des Gemeindetags.

Foto: Karmann/dpa