München
"Sie sind keine soziale Ministerin"

Opposition wirft Haderthauer im Landtag Kaltherzigkeit vor, die CSU-Politikerin wehrt sich

20.03.2013 | Stand 03.12.2020, 0:21 Uhr

München (DK) Kaltherzigkeit wirft man ihr vor. Seitdem Sozialministerin Christine Haderthauer (CSU) protestierenden Flüchtlingen in Würzburg das Gespräch verweigerte, steht sie in der Kritik. Die Opposition machte ihr gestern im Landtag schwere Vorwürfe.

Irgendwann kommt Christine Haderthauer auf das Thema Empathie zu sprechen. Bei jedem zeige sich Mitgefühl anders, sagt sie. Bei ihr zum Beispiel so, „dass ich mich nicht hinsetze und erst mal mitweine“. Stattdessen mache sie sich die Anliegen der Menschen zu eigen. Und in ihrer Zeit als Ministerin habe sich in der Asylsozialpolitik so viel bewegt wie lange nicht mehr. Das zum Vorwurf der Kaltherzigkeit.

Es geht um ihren Besuch in der Gemeinschaftsunterkunft für Flüchtlinge in Würzburg am vergangenen Donnerstag. Die SPD hat das Thema mit einem Dringlichkeitsantrag auf die Tagesordnung gesetzt. „Bayern braucht keine Sozialministerin der sozialen Kälte!“, ist er überschrieben. Haderthauer hatte die Unterkunft auf Initiative des Würzbürger Bischofs Friedhelm Hofmann besucht. Es gab einen Rundgang, ein Gespräch mit Vertretern aus der Region, mit Abgeordneten. Draußen warteten Flüchtlinge und Aktivisten. Darunter die Würzburger Grünen-Abgeordnete Simone Tolle mit einem Protestschild. Aufschrift: „Lager töten.“ Eine Anspielung auf einen Selbstmord, der sich in der Unterkunft ereignet hatte.

Haderthauer steht seit Langem wegen der bayerischen Asylpolitik in der Kritik. Weil viele Flüchtlinge in Lagern leben müssen. Weil sie kein Geld, sondern Essenspakete bekommen. Und weil sie ihre jeweiligen Landkreise nicht verlassen dürfen.

Als Haderthauer die Unterkunft wieder verließ, versuchte die draußen wartende Gruppe, ihren Dienstwagen zu blockieren. Die Ministerin redete aber nicht mit den Menschen, sondern fuhr davon. Seitdem hagelt es Vorwürfe.

Gestern gibt es im Landtag Solidarisierungsgesten aus der CSU. In seiner Rede zur Haushaltspolitik dankt Finanzminister Markus Söder, Haderthauers Dauerrivale, ihr vor aller Ohren für ihre Arbeit. Ministerpräsident Horst Seehofer setzt sich neben seine Ministerin, plaudert, lächelt. „Ich habe absolut Verständnis für ihr Verhalten, weil sie sich bedrängt fühlte“, sagt er vor der Sitzung. In der Debatte springt ihr sogar Landtagspräsidentin Barbara Stamm bei. Sie verteidigt Haderthauer – und geißelt das Transparent Tolles wegen der Assoziation mit den Konzentrationslagern.

Aber hinter vorgehaltener Hand gibt es in der Koalition auch kritische Stimmen. Er sei bei Demonstrationen oft angefeindet worden, sagt ein CSU-Mann. „Ich bin dann extra zu denen hingegangen.“ Haderthauer gehe nicht von sich aus herzlich auf die Leute zu, heißt es. So sei sie eben.

Bei der Opposition ist das Urteil drastischer. „Sie sind eine schlechte Repräsentantin für die Sozialpolitik in Bayern“, ruft der SPD-Politiker Hans-Ulrich Pfaffmann. Die Grünen-Abgeordnete Renate Ackermann wird noch schärfer: „Sie sind keine soziale Ministerin. Sie sind eine Karrieristin, die zufällig Sozialministerin ist.“ Kritik üben die Abgeordneten auch an den Facebook-Einträgen Haderthauers, mit denen sie sich im Nachgang verteidigt hatte. Sie kritisierte die Berichterstattung. Kurz behauptete sie sogar, ein Foto sei gestellt worden – was sie später korrigierte.

Dass sie in der Unterkunft nicht aus dem Auto gestiegen sei, verteidigt die Ministerin gestern. In der Dämmerung habe sie sich einer „unbekannten Gruppe von Männern“ gegenübergesehen. Es habe laute Rufe gegeben. Das sei keine Basis für ein sachliches Gespräch gewesen. Ihre Entscheidung hält sie für richtig. „Das hat nichts mit kalt- oder warmherzig zu tun, sondern damit, dass ich mich nicht erpressen lasse.“

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