München
SPD-Rebellen machen mobil

Basisinitiative sieht die Partei in Bayern vor der Wahl zwischen "Neuanfang oder Insolvenzverschleppung"

02.02.2017 | Stand 02.12.2020, 18:42 Uhr

München/Pfaffenhofen (DK) Vor zwei Jahren hat eine SPD-Basisinitiative Landeschef Florian Pronold eine herbe Schlappe zugefügt. Nun meldet sie sich mit einem Positionspapier zurück. Dessen Sprache und Forderungen haben es in sich.

Kurz vor der Vorstandsklausur der krisengeschüttelten Bayern-SPD an diesem Wochenende bläst der Führungsriege der Partei heftiger Gegenwind ins Gesicht. In einem Positionspapier, das unserer Zeitung vorliegt, greifen die SPD-Rebellen der Basisinitiative "Zeit für die Mutigen" insbesondere Parteichef Pronold scharf an und fordern indirekt dessen Rücktritt.

"Die deprimierende Situation ist seit Jahren unverändert, die Partei in wesentlichen Politikfeldern nicht mehr präsent. Innerparteiliche Kritik wird ignoriert oder übergangen", heißt es in dem Papier. Nach dem Befreiungsschlag durch den Abgang von Parteichef Sigmar Gabriel müsse daher nun auch im Landesverband ein inhaltlicher und personeller Neuanfang her.

Verfasst hat das sieben Forderungspunkte umfassende Schriftstück die Initiative "Zeit für die Mutigen", die beim SPD-Landesparteitag vor zwei Jahren in Hirschaid für großes Aufsehen gesorgt hatte. Der bis dato völlig unbekannte Walter Adam trat damals für das Bündnis gegen Landeschef Pronold an und fügte ihm eine herbe Schlappe zu. Aus dem Stand holte Adam fast ein Drittel der Stimmen.

Zu den Wortführern der "Mutigen" gehört vor allem die Pfaffenhofener SPD um den Kreisvorsitzenden Markus Käser. "Nach Hirschaid hat kein Dialog, keine Debatte stattgefunden", kritisiert Käser. "Es war eine unmögliche Reaktion damals, die Unterstützer von Walter Adam als ,Heckenschützen' zu bezeichnen. Einen zweiten Kandidaten aufzustellen, das ist ein ganz normaler demokratischer Vorgang."

Nun planen die Aufständischen offenbar einen neuen Angriff auf Pronold. Zwar nennt die Initiative keine Namen möglicher Kandidaten. In dem Papier verkünden sie aber selbstbewusst: "Wir und viele andere Genossinnen und Genossen sind bereit, im Sinne unserer Idee selbst die Alternative zu sein, die wir fordern."

Was den künftigen Parteivorsitzenden angeht, haben die Rebellen klare Vorstellungen: Dieser solle weder ein Bundestags- noch ein Landtagsmandat innehaben, um sicherzustellen, "dass der Landesvorsitz ausschließlich von den Interessen der Mitglieder angetrieben" wird. "Unsere Partei ist zu wertvoll, um sie nur im Nebenberuf zu führen", heißt es in dem Papier. Pronold ist als Bundestagsabgeordneter und Staatssekretär im Bauministerium stark in Berlin eingebunden. Selbst Kritiker attestieren ihm aber großen Einsatz, um in Bayern möglichst präsent zu sein.

Aus dem Raster fallen würde nach den Bedingungen der Initiative auch Generalsekretärin Natascha Kohnen, der Ambitionen auf den Parteivorsitz nachgesagt werden. Als Landtagsabgeordnete würde sie den Vorsitz aber ebenfalls nur im "Nebenjob" ausüben. Angesprochen auf Kohnen, sagt Käser, der sich als einer von mehreren Sprechern der Initiative versteht: "Nachsagen kann man ihr ja viel." Er lehnt Kohnen als mögliche Kandidatin zwar nicht grundsätzlich ab, fordert aber, dass diese Farbe bekennen müsse. "Sie müsste sich halt mal äußern."

Außerdem spricht sich die Initiative für eine Urwahl des Spitzenkandidaten für die Landtagswahl 2018 aus. "Die innerparteiliche Kultur hat stark gelitten", sagt Käser gegenüber unserer Zeitung. "Was ist eine Mitgliedschaft wert, wenn man nicht beteiligt wird"

Pronold und Kohnen waren gestern für Stellungnahmen nicht zu erreichen. Ein Parteisprecher erklärte, dass jeder auf dem anstehenden Parteitag im Mai Wünsche äußern und Anträge einbringen könne. "Am Ende entscheiden Mehrheiten", sagte er. Markus Käser ist wichtig zu betonen, dass die Basisinitiative keine Spaltung der Partei wolle, sondern "zurück zu neuer Stärke. Was in Berlin möglich ist, ist in Bayern auch möglich".

Pronold war zuletzt durch schlechte Umfragewerte zunehmend unter Druck geraten. Die 14 Prozent, die im BR-Bayerntrend im Januar für die SPD gemessen worden waren, seien aber noch nicht das Ende der Fahnenstange, warnen die SPD-Rebellen. Die Skala ende erst bei null. Deshalb sehen sie für die Delegierten beim Parteitag in Schweinfurt nur zwei Alternativen: "Neuanfang oder Insolvenzverschleppung".

Die nächste Belastungsprobe für Pronold steht bereits an diesem Wochenende an. Dann kommt in München der Parteivorstand zu einer Klausur zusammen, bei der es vor allem um frühkindliche Bildung, öffentliche Sicherheit und den Kampf gegen Rechts gehen soll. Personalfragen stehen offiziell nicht an.