München
Keine Ruhe an der Schulfront

Um die Pläne der Staatsregierung für die "Mittelstufe plus" am Gymnasium ist neuer Streit entbrannt

20.11.2014 | Stand 02.12.2020, 21:58 Uhr

München (DK) Der Konflikt um die Reform des Gymnasiums ist wieder ausgebrochen: Grund ist vor allem die angedachte Zugangsbeschränkung für das geplante Zusatzjahr. Aber es geht auch ums Geld.

Ab dem kommenden Donnerstag trifft sich der Bayerische Philologenverband (bpv) in Würzburg zu seiner Jahresversammlung Im Zentrum sollte das eigene Konzept für eine Gymnasialreform stehen. Es sieht eine weitgehende Wiedereinführung der neunjährigen Gymnasialzeit (G 9) vor. Die CSU hat aber längst eigene Pläne. Und die liegen weit weg von den Vorstellungen der Gymnasiallehrer. „Wir werden massiven Diskussionsbedarf haben“, sagt bpv-Chef Max Schmidt.

Am Dienstag passierte die Gymnasialreform der CSU das Kabinett. Vor allem die geplante Zugangsbeschränkung zum neuen Zusatzjahr löst Protest aus. Schüler sollen sich am Ende der siebten Klasse entscheiden dürfen, ob sie die Jahrgangsstufen acht, neun und zehn in drei oder in vier Jahren durchlaufen. „Mittelstufe plus“ nennt die CSU das Konzept. Wer mehr Zeit zum Lernen braucht, ein Auslandsjahr einlegen oder nebenher Leistungssport betreiben möchte, sollte das Zusatzjahr nutzen können – so dachte man bisher.

Doch das Angebot soll begrenzt werden. Um die 25 Prozent der Schüler eines Jahrgangs sollen es nutzen können. Wären es mehr, muss die jeweilige Schule nach „pädagogischem Bedarf“ entscheiden, wer zum Zug kommt. Ab dem kommenden Schuljahr soll ein Teil der Schulen das Konzept in einer zweijährigen Pilotphase testen. Um die 50 der gut 300 bayerischen Gymnasien haben schon ihr Interesse bekundet. Im Februar wählt das Kultusministerium aus. Die 25-Prozent-Quote dürfe in der Pilotphase schon mal um ein paar Prozent überschritten werden, heißt es dort. Doch die Beschränkung steht. Die Gymnasialverbände sind skeptisch.

Bedenken kommen nicht nur vom Philologenverband, sondern auch von den Gymnasialdirektoren. Der Chef der bayerische Direktorenvereinigung, Karl-Heinz Bruckner, warnt vor einer Art „negativem Numerus clausus“. Es sei pädagogisch unsinnig, wenn Schüler sich über einen schlechten Notenschnitt quasi für das Zusatzjahr qualifizieren müssten. Wenn nur Noten entschieden, werde die Zusatzklasse zum Sammelbecken für die schwächeren Schüler, quasi zur „Sitzenbleiberklasse“. Das sei schlecht, meint Bruckner. „Bloßstellung ist das Schlimmste, was man in der Pädagogik tun kann.“ Auch die Opposition gibt sich empört. Von „Willkür“ sprechen die Freien Wähler, von „Murks“ die Grünen. Auch die Landesschülervertretung ist enttäuscht von der geplanten Einschränkung der Wahlfreiheit.

Grundsätzlich ist es tatsächlich gut möglich, dass die Quote von 25 Prozent ausreicht – allerdings auf ganz Bayern bezogen, nicht unbedingt auf jede einzelne Schule. Bruckner und Schmidt glauben, dass die Nachfrage auf dem Land deutlich größer sein könnte als in der Stadt. Nachmittagsunterricht ist offenbar bei Schülern und Eltern auf dem Land wenig beliebt – allein schon wegen der meist spärlichen Busverbindungen für die Schüler. Im achtjährigen Gymnasium ist Nachmittagsunterricht wegen der vielen Wochenstunden schwer zu vermeiden. Der künftig neunjährige Zweig könnte aber ohne die späten Schulstunden auskommen. Während in städtischen Gymnasien teilweise nur zehn Prozent Interessenten für das Zusatzjahr erwartet werden, könnten die 25 Prozent auf dem Land teilweise deutlich überschritten werden. „Wir brauchen da eine flexible Handhabe“, sagt Bruckner.

Doch neben dem pädagogischen Konzept deutet sich schon jetzt Streit ums Geld an. Nach der Vorstellung der Staatsregierung sollen zumindest in der Pilotphase keine neuen Kosten entstehen. Die Lehrer halten das für unrealistisch. In mehreren Gesprächen hätten CSU-Vertreter in den vergangenen Monaten eingeräumt, dass die Reform natürlich mehr Geld kosten werde, sagt Schmidt. Dazu müsse sich die Partei bekennen. Das dürfte auch eine zentrale Forderung bei der Verbandsversammlung der Philologen werden.

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