München
Keine Reform bei Kommunalwahlrecht

Das von der CSU gewünschte d'Hondt-Mandatberechnungsverfahren stößt bei einer Expertenanhörung auf Ablehnung

18.10.2017 | Stand 02.12.2020, 17:20 Uhr

München (DK) Mit ihrem Versuch, das Kommunalwahlrecht in Bayern wieder zu ihren Gunsten zu ändern, dürfte die CSU vorerst gescheitert sein. Bei einer von der Opposition angesetzten Anhörung gestern im Landtag stellten sich alle Experten gegen die Christsozialen.

Die politische Macht der CSU in Bayern gründete bis 2010 - neben dem Erfolg beim Wähler - auch auf das ihnen entgegenkommende Umrechnungsverfahren von Wählerstimmen in Mandate nach d'Hondt. Durch diese mathematische Formel werden größere Parteien begünstigt, weil Aufrundungen bei der Sitzvergabe zugunsten der kleinen Parteien entfallen. In der vergangenen Legislaturperiode mussten die Schwarzen dann zähneknirschend - weil es der kleine Partner FDP im Koalitionsvertrag so wollte - auf das Verfahren nach Hare-Niemeyer umstellen.

Inzwischen regiert die CSU wieder allein, aber die Kommunalwahl 2014 lief bereits nach Hare-Niemeyer ab. Und das Ergebnis gefällt der Regierungspartei nicht wirklich. Vor allem in die Stadträte der größeren Kommunen und in die sieben Bezirkstage zogen oft mehr als zehn verschiedene politische Gruppierungen ein. Neben neuen Parteien wie etwa den Piraten - obwohl die sich inzwischen wieder erledigt haben - gehörten dazu auch viele lokale Listen, einige davon nicht selten mit nur einem Vertreter. Diese würden, klagt die CSU, die Arbeit in den Stadt- und Gemeinderäten oftmals eher blockieren als bereichern.

Zu allem und jedem - was früher gern rasch und im Konsens gelöst wurde - gibt es nun deutlich mehr Anträge und sehr lange Redebeiträge. Inzwischen dauern Sitzungen bis spät in die Nacht und die Rathausverwaltungen werden deutlich stärker in Anspruch genommen. Mehrheiten kommen schlechter zusammen. Einigen dieser unabhängigen Räte geht es erkennbar um die persönliche Profilierung.

Also zurück zu d'Hondt lautete das Motto der CSU-Fraktion. Doch die SPD, die Freien Wähler und die Grünen wollten da nicht mitmachen. Sie ließen vor dem Innenausschuss des Landtags Experten befragen: den Präsidenten des bayerischen Landesamts für Statistik, vier Jura-Professoren der Unis Augsburg, Marburg und Heidelberg, einen Politikwissenschaftler von der Uni Erlangen, einen Mathematiker von der TH Deggendorf und Vertreter von Städtetag, Gemeindetag, Landkreistag und Bezirketag.

Ärgerlich für die CSU: Keiner plädierte für eine Rückkehr zu d'Hondt. Da half es auch nichts, dass die CSU auf Nordrhein-Westfalen verwies, wo der Landtag aus ähnlichen Gründen sogar eine 2,5-Prozent-Hürde für die Wahlen zu den Stadt- und Gemeinderäten beschlossen hatte. Ein Rechtswissenschaftler warnte, dass es sogar zu einer Verfassungsklage von Vertretern der benachteiligten politischen Gruppierungen kommen könnte. D'Hondt würde den politischen Willen weiter Teile der Bevölkerung einfach ignorieren.

Anerkannt von allen Beteiligten wurde, dass allerdings auch das Hare-Niemeyer-Verfahren Nachteile hat. Bei diesem kann es zu dem paradoxen Fall kommen, dass eine Partei bei einer Erhöhung der Gesamtsitze-Zahl im Stadtrat - etwa weil es mehr Einwohner gibt - trotz gleichen Prozentanteils an den Wählerstimmen einen Sitz verliert.

Als Kompromiss im Gespräch - den mitzutragen auch die CSU signalisierte - ist deshalb ein ganz neues, drittes Verfahren namens Sainte-Laguë. Es orientiert sich eher an Hare-Niemeyer, korrigiert aber dessen Fehler. Seit der Wahl 2009 wird es auch für den Deutschen Bundestag praktiziert.