München (DK
Justiz macht Ebay Konkurrenz

21.08.2014 | Stand 02.12.2020, 22:19 Uhr

 

München (DK) Das Internet-Auktionshaus Ebay kennen fast alle, noch kaum bekannt ist die staatseigene Seite „Justiz-Auktion.de“. Dort bieten Gerichte, Staatsanwaltschaften und Vollzugsbeamte die unterschiedlichsten Artikel an – vom Kaffee bis zur Schneefräse. Mitbieten kann jeder.

Noch gibt es kein Gebot für die 892 Flaschen Wein, die Obergerichtsvollzieherin Monika Fischer-Wanglorz in München anbietet. Immerhin liegt der Startpreis bei 18 900 Euro. Zudem muss die erlesene Kollektion selbst abgeholt werden, „ein Einzelverkauf ist nicht vorgesehen“, steht auf der Seite.

Was aus der Beschreibung nicht direkt hervorgeht: Die Weinsammlung stammt vom früheren Vorstand der BayernLB, Gerhard Gribkowsky. Seit Mittwoch läuft die amtliche Auktion, den Wert der Weine schätzt das bayerische Justizministerium laut Liste auf fast 38 000 Euro. Der Erlös soll auch der BayernLB zugutekommen: Der Bank war durch die Geschäfte Gribkowskys rund um den Formel-1-Verkauf ein Schaden von 30 Millionen Euro entstanden, den der zu achteinhalb Jahren Haft verurteilte Banker wiedergutmachen muss.

Das ist nur eine von vielen Geschichten, die hinter den ersteigerbaren Artikeln stehen und meistens im Dunklen bleiben. Ähnlich wie beim Marktführer Ebay kann nach der Registrierung auf der Seite jedermann mitbieten. Das Geld, das die einzelnen Auktionen einbringen, geht entweder an Gläubiger, die Staatskasse oder an die Opfer von Straftaten. Die Federführung von „Justiz-Auktion.de“ hat die Behörde Nordrhein-Westfalen, an der Auktionsplattform beteiligt sind aber fast alle Bundesländer.

Das bayerische Justizministerium ist seit 2010 aktiv. Und es rentiert sich: Im ersten Jahr gab es im Freistaat 112 Versteigerungen, die 35 921,23 Euro brachten. Im vergangenen Jahr waren es bereits 716 Auktionen mit einem Erlös von 1,3 Millionen Euro. Und heuer ist ein neuer Rekord in Sicht: Bis Mitte April gab es bereits 526 Auktionen, die 615 791,97 Euro in die Kasse spülten.

Wie Sprecherin Ulrike Roider erklärt, handelt es sich bei den meisten Anbietern um Gerichtsvollzieher. „Sie machen Fotos von den gepfändeten oder beschlagnahmten Objekten, stellen sie auf der Seite ein und kümmern sich auch selbst um die Abwicklung des Verkaufs.“ In Bayern reicht das Angebot derzeit von Rasier-Pflegesets über Bronzefiguren bis hin zum Porsche 911 Carrera mit Motor- und Kupplungsschaden.

Die größeren Gegenstände stammen überwiegend aus Zwangsvollstreckungen, wie etwa ein in Nordrhein-Westfalen angebotener Steinway-Flügel. „Die kleineren Dinge gehen oft auf Einbrecherbanden zurück, die zum Beispiel größere Mengen Wimperntusche oder Creme gestohlen haben“, sagt Roider. Wenn diese Artikel beschlagnahmt würden und keinem Eigentümer mehr zugeordnet werden könnten, landen sie auf der Internetplattform.

Daneben gibt es aber auch immer wieder Verkäufe, die weder auf ein Verbrechen noch auf ein tragisches Einzelschicksal zurückgehen. So bietet etwa das Gefängnis Bremen-Oslebshausen zwei Fässer Klarspüler aus ihrer Gewerbeküche zum Selbstabholen an. Ein Fass sei allerdings schon geöffnet „und muss vom Käufer gesondert gesichert werden“, schreibt die Haftanstalt.

Die Vorteile des Geschäfts im Internet liegen auf der Hand: Mussten die Gerichtsvollzieher früher Zeitungsanzeigen schalten und öffentliche Versteigerungen organisieren, sparen sie die Kosten dafür nun ein. Mit weniger Aufwand erreichen sie zudem einen weitaus größeren Bieterkreis. Und wie das Ministerium in Nordrhein-Westfalen berichtet, liegen noch dazu die Erlöse drei- bis viermal höher als bei öffentlichen Versteigerungen üblich.

Die Bieter hingegen – und das dürfte in der Natur der Sache liegen – haben sehr zuverlässige Anbieter sowie hohe Daten- und Rechtssicherheit, wie die Justiz für die eigene Seite wirbt. Alles Angebotene werde einzeln geprüft, es gebe weder Plagiate noch Dinge, die als funktionstüchtig angepriesen werden und dann doch nicht gehen.