München
Hoffnung auf den Karrieresprung

Das offizielle Wiesn-Plakat bekommt jedes Jahr riesige mediale Aufmerksamkeit, die Designer dagegen so gut wie keine

28.09.2016 | Stand 02.12.2020, 19:15 Uhr

Foto: DK

München (DK) Jedes Jahr werden die Präsentationen des Oktoberfestplakats und des offiziellen Wiesn-Maßkrugs, den das Plakat ziert, pompös zelebriert. Für die Designer fällt dabei aber wenig Glanz ab. Dennoch kann ein Erfolg beim Wiesn-Plakatwettbewerb für die Künstler ein Sprungbrett sein.

Drei Entwürfe stehen jedes Jahr auf drei Staffeleien. Verdeckt von einem Tuch. Und in dem Moment, wenn der Wiesn-Chef dafür sorgt, dass der Vorhang beim mittleren Plakat fällt, gibt es für die anwesenden Fotografen kein Halten mehr. Dann wird geblitzt, gerufen und gedrängelt, als ob der derzeit bekannteste Hollywoodstar über den roten Teppich laufen würde.

Die Enthüllung des Siegerentwurfs des Wiesn-Plakatwettbewerbs wird in München jedes Jahr aufwendig zelebriert, der Gewinnerentwurf zuvor wie ein Staatsgeheimnis gehütet. Der Juryvorsitzende lobt bei der Präsentation die Besonderheit des Siegerplakats, der Wiesn-Chef sagt ein paar warme Worte und dann folgen jede Menge weiterer Bilder, die das Plakat wahlweise mit und ohne Wiesn- beziehungsweise Jurychef zeigen. Nie auf den Fotos der Zeitungen zu sehen ist dagegen die eigentliche Hauptperson: der Designer.

Die Künstler gehen beim Plakatwettbewerb zwar nicht leer aus. Für das diesjährige Siegerexemplar - einen weitgehend in rosa gehaltenen Entwurf - gab es immerhin 2500 Euro. Berühmt wird man aber trotz des medialen Großaufgebots bei der Vorstellung nicht. "Ich hatte drei bis fünf Zeitungsartikel", berichtet Moritz Breitenhuber, der das Wiesn-Plakat des vergangenen Jahres entworfen hatte. Als Designstudent habe er 2015 bereits nebenbei freiberuflich gearbeitet. Dass er das Plakat gestaltet hat, mit dem weltweit auf allen möglichen Foren und Accessoires für das berühmte Bierfest geworben wird, habe ihm damals eine Handvoll Aufträge eingebracht, darunter eine Anwaltskanzlei, eine Immobilienfirma und ein Unternehmen für Facility Management.

Nachhaltig war dieser Erfolg aber nicht: Der dauerhafte Kundenzustrom und der große Durchbruch, den man bei einem Wettbewerb mit solchem Prestige erwarten könnte, blieb aus. Dennoch glaubt der 24-Jährige, dass sich der Aufwand gelohnt hat. In einer Bewerbungsmappe sei ein Oktoberfestplakat sicher ein Vorteil.

Das glaubt auch Nathalie Fumelli, die gleich zweimal den Siegerentwurf beigesteuert hat - 2010 als alleinige Siegerin, im Jahr zuvor gemeinsam mit ihrer Partnerin Janine Aigner. Den "Wiesn-Plakatwettbewerbs-Effekt" habe sie schon gemerkt - allerdings nicht in Sachen Aufträgen, sondern bei den Bewerbungen. "Wer einen erfolgreichen Plakatentwurf vorweisen kann, zeigt damit, dass er ehrgeizig und motiviert ist." Schließlich sei der Wettstreit kein Spaziergang, sondern es stecke extrem harte Arbeit in den Plakaten. Schon die Vorauswahl an den Designschulen sei sehr anspruchsvoll. Damit ein Entwurf die Chance habe, überhaupt zum Wettbewerb eingereicht zu werden, müssten die Entwürfe mehrfach nachgebessert werden - und das neben dem Normalbetrieb im Studium. Ein Plakatentwurf in der Bewerbungsmappe signalisiere: "Der macht nicht nur das Nötigste", sagt Fumelli, die heute bei einer bekannten Designagentur arbeitet. "Aber ob man den Wettbewerb gewinnt oder nicht, ist im Prinzip egal", glaubt die 29-Jährige.

Auch der Sieger von 2011, Wolfgang Haas, meint, dass die öffentliche Aufmerksamkeit zweitrangig ist. Er habe zwar ein paar Interviews gegeben und es hätten sich Bekannte gemeldet, von denen er jahrelang nicht gehört hatte, aber entscheidend sei der Vorteil bei Bewerbungen. "Das bringt auf jeden Fall was, das Oktoberfest kennt ja jeder", erklärt der 47-Jährige, der heute als Kunstlehrer arbeitet. Mit dem Plakat beweise der Designer seine besonderen künstlerischen Fähigkeiten.

Dass ihr Plakat zum Karrieresprungbrett wird, hofft Linda Schultheis, die gemeinsam mit Susanna Schneider den Wettbewerb 2016 gewonnen hat. Denn der Aufwand bis zum fertigen Plakat sei riesig gewesen. Erst hätten sie Fotos gemacht, diese analog bearbeitet, dann wieder digitalisiert und das pinke Plakat daraus designt. "Dazwischen ist auch noch viel schiefgegangen. Aber wir haben uns durchgekämpft und es hat sich gelohnt", sagt die 25-Jährige. Trotzdem blieb auch in diesem Jahr das öffentliche Interesse gering: "Es gab eine Interviewanfrage von einer Wiesn-Beilage."