München
Haderthauer weiter unter Druck

Seehofer unterstützt die Chefin seiner Staatskanzlei, doch es gibt neue Vorwürfe

23.07.2014 | Stand 02.12.2020, 22:26 Uhr

München (DK) Der Ministerpräsident spricht ihr sein Vertrauen aus – aber schon gibt es neue Vorwürfe: Staatskanzleichefin Christine Haderthauer (CSU) steht wegen ihres Umgangs mit früheren Modellautogeschäften weiter in der Kritik. Die Opposition droht mit einem Untersuchungsausschuss.

Der Ministerpräsident wollte gestern ganz offensichtlich alle Zweifel beseitigen. Haderthauer habe sein „volles Vertrauen“, sagte Horst Seehofer (CSU) laut einer Mitteilung der Staatskanzlei. Sie führe ihr Amt „völlig korrekt“ und er werde allen Versuchen entgegentreten, Personen „politisch zu vernichten.“ Am Vortag hatte die Opposition den Rücktritt Haderthauers gefordert. Sie habe Parlamentsanfragen falsch beantwortet, die Arbeit der Medien behindert und Ressourcen der Staatskanzlei für private Zwecke verwendet, hieß es.

Beruhigt hat sich die Lage allerdings auch durch Seehofers Worte vorerst nur bedingt. Die Opposition erhebt weitere Vorwürfe. Und gestern machte auch das BR-Fernsehmagazin „Kontrovers“ ein neues Detail in dem Fall öffentlich. Laut dem Bericht war Haderthauer noch während ihrer Amtszeit als Sozialministerin Domaininhaberin und Administratorin der Internetseite der Firma „Sapor Modelltechnik“ – also jener Firma, über die sie und ihr Mann Hubert Haderthauer die Geschäfte betrieben. Sie verkauften hochwertige Modellautos, die ein Dreifachmörder in der forensischen Psychiatrie gefertigt hatte.

Nach Recherchen von „Kontrovers“ war die Internetadresse „sapormodelltechnik.de“ noch im August 2009 auf Haderthauer gemeldet. Interessant ist das, weil Haderthauer seit 2008 als Sozialministerin die Fachaufsicht über die forensische Psychiatrie hatte. Die Inhaberschaft der „Sapor“-Internetseite und ihre Ministerzeit überschnitten sich also um mindestens ein Jahr. Eine Interessenkollision?

Laut Darstellung der Ministerin war sie nach ihrem Einzug in den Landtag 2003 aus der Firma ausgestiegen. 2008 verkaufte Hubert Haderthauer die Firma – offenbar um gerade jene Interessenkollision zu vermeiden. Auf Anfrage des SPD-Rechtsexperten Horst Arnold hatte Haderthauer sich im Juni zur Internetseite geäußert. Ihrem Wissen nach seien die Rechte daran mit dem Verkauf 2008 auf den neuen Eigentümer übergegangen, ließ sie mitteilen. Ob ihr Name im Zusammenhang mit der Seite geführt werde, sei ihr „nicht bekannt“. Mit einer Anfrage bei der zentralen Registrierungsstelle „Denic“ hätte sie es allerdings rasch in Erfahrung bringen können.

Horst Arnold will noch mehr wissen. Der SPD-Mann kritisiert, dass eine Privatfirma Gewinn mit Produkten mache, die in einer öffentlich finanzierten Psychiatrie hergestellt werden. Haderthauer müsse erklären, ob sie das unter ihrer Fachaufsicht gebilligt, oder versucht habe, etwas zu ändern. „Es geht um die Frage: Ist etwas geschehen oder nicht“, sagt Arnold.

Ein weiterer Angriffspunkt Arnolds ist die Frage, ob Haderthauer tatsächlich – wie behauptet – nach ihrem Einzug in den Landtag 2003 als Gesellschafterin aus der Firma „Sapor Modelltechnik“ ausgeschieden ist. Es sei rechtlich gar nicht möglich, dass ein Teilhaber eine Personengesellschaft einfach verlässt. Die Firma sei dann automatisch „tot“. Arnold stellte Haderthauer gestern ein Ultimatum. Sie müsse innerhalb einer Woche alle offenen Fragen aufklären. Ansonsten sei auch ein Untersuchungsausschuss im Landtag zu dem Fall denkbar. Nach „derzeitigem Sachstand“ müsse die Ministerin zurücktreten, fordert Arnold noch immer.

Auch die Freien Wähler drohen der Ministerin. Haderthauer müsse „Antworten liefern“, ansonsten müsse „ein Untersuchungsausschuss hier Licht ins Dunkel bringen“, sagt der parlamentarische Geschäftsführer Florian Streibl.

Der jüngste Streit war entbrannt, weil Haderthauers Mann Hubert Haderthauer derzeit mit Unterlassungsforderungen und Klagen gegen mehrere Medien vorgeht. Er will die namentliche Berichterstattung über ihn verhindern. In seinen Klageunterlagen waren unter anderem auch Artikel aus dem Pressespiegel der Staatskanzlei aufgetaucht. In einer E-Mail aus der Staatskanzlei waren zudem Unterlagen Hubert Haderthauers angehängt.