München
"Die große Keule ist unnötig"

Modellbau-Affäre: Hubert Haderthauer entgeht einer Freiheitsstrafe er muss aber 18 900 Euro zahlen

25.02.2016 | Stand 02.12.2020, 20:09 Uhr

Angespannte Mienen: Hubert Haderthauer (rechts) steht im Landgericht in München neben seinen Rechtsanwälten Andreas Weitzell (links) und Norbert Scharf. - Foto: Stäbler

München (DK) Hubert Haderthauer ist um eine Freiheitsstrafe herumgekommen. Das Landgericht München II verurteilte ihn gestern im Zuge der Modellbau-Affäre wegen Steuerhinterziehung und versuchten Betrugs zu einer Geldstrafe von 18 900 Euro.

Hubert Haderthauer steht im Gerichtssaal B 166, hat die Arme verschränkt und lauscht regungslos der Urteilsverkündung. Allein seine Kiefer, die unaufhörlich mahlen, lassen erahnen, wie es in seinem Innern aussieht. Äußerlich wirkt Haderthauer auch an diesem neunten und letzten Verhandlungstag angegriffen; sein Anwalt hat im Prozess von Gesundheitsbeschwerden und Herzrhythmusstörungen berichtet.

Das Urteil könnte nun eine Erleichterung für Haderthauer darstellen - einerseits. Schließlich hat das Gericht keine Freiheitsstrafe verhängt; der Landgerichtsarzt aus Ingolstadt muss also nicht um seinen Beamtenstatus fürchten. Andererseits ist die Geldstrafe heftig: 270 Tagessätze à 70 Euro. Zudem wird Haderthauer nicht nur wegen Steuerhinterziehung verurteilt, die er teilweise eingeräumt hat, sondern auch wegen versuchten Betrugs - ein Vorwurf, den die Verteidigung energisch bestritten hat.

Dazu kommt der öffentliche Aufruhr, den der Prozess rund um den 59-Jährigen und seine Ehefrau Christine Haderthauer ausgelöst hat. Beide waren bis 2008 nacheinander Miteigentümer der Firma Sapor, die exklusive Modellautos von Straftätern in der Psychiatrie zusammenbauen ließ und dann verkaufte. Hauptkonstrukteur war ein verurteilter Dreifachmörder. Christine Haderthauer musste im Zuge der Affäre 2014 als Staatskanzleichefin zurücktreten; die CSU-Politikerin hat vorige Woche einen Strafbefehl wegen Steuerhinterziehung in Höhe von 30 Tagessätzen erhalten, den sie ihrem Anwalt zufolge akzeptieren wird.

Gegen Hubert Haderthauer wurde derweil ein Prozess geführt, dessen Dimension laut seinem Verteidiger Norbert Scharf in keinem Verhältnis zur Straftat stehe. "Die öffentliche Vorverurteilung, die Dauer des Verfahrens, die Dimension des Vorwurfs - all das muss auch in der Strafmessung berücksichtigt werden", fordert er im Plädoyer. Gleiches gelte für die Tatsache, dass "das Leben der Familie Haderthauer von oben nach unten gekehrt wurde", so Scharf, der schlussfolgert: "Wir kommen nicht im Ansatz in den Bereich einer Freiheitsstrafe."

Genau das fordert aber Staatsanwalt Achim von Engel in seinem Plädoyer und spricht sich für eine Bewährungsstrafe von elf Monaten aus. Er sieht es als erwiesen an, dass Haderthauer vier Modellautos im Wert von 60 000 Euro aus dem Sapor-Besitz für sich entnommen und verkauft hat. Darüber hinaus habe der Angeklagte seinen ehemaligen Geschäftspartner - ein Waffenhändler aus Frankreich - nach dem Verkauf der Firma "unrichtige, unvollständige Geschäftsunterlagen" vorgelegt und ihn so um 49 000 Euro geprellt.

In beiden Punkten folgt das Gericht der Staatsanwaltschaft. Wegen versuchten Betrugs und Steuerhinterziehung in Höhe von fast 50 000 Euro verurteilt die Kammer Hubert Haderthauer zu einer Geldstrafe. "Das ganze Drumherum bei diesem Verfahren hat so viele Einwirkungen auf den Angeklagten gebracht, dass wir nicht der Meinung sind, dass es nötig ist, ihm mit der großen Keule eine Freiheitsstrafe mitzugeben", sagt Richter Rupert Heindl, der auch im Uli-Hoeneß-Prozess den Vorsitz hatte. Zumal über Haderthauer ja noch "das Damoklesschwert" schwebe, so Heindl, dass er womöglich seinen Arbeitsplatz verlieren wird. Zurzeit ist der Landgerichtsarzt suspendiert; über seine berufliche Zukunft wird die Landesanwaltschaft entscheiden.

Mit dem gestrigen Tag ist die Modellauto-Affäre aus juristischer Sicht freilich noch nicht beendet für Hubert Haderthauer. Im April soll ein Zivilverfahren fortgesetzt werden, in dem der verurteilte Dreifachmörder Schadensersatz von ihm einfordert. Darüber hinaus hat auch der ehemalige Mitgesellschafter Klage eingereicht. Das nun gefällte Urteil ist noch nicht rechtskräftig; beide Parteien können bis Donnerstag Revision beim Bundesgerichtshof einlegen. ‹ŒKommentar Seite 2