München
Anruf aus der Staatskanzlei

Journalisten berichten im Modellbau-Ausschuss von Versuchen staatlicher Einflussnahme

21.04.2016 | Stand 02.12.2020, 19:56 Uhr

München (DK) Christine Haderthauer (CSU) muss sich im Untersuchungsausschuss Modellbau erneut unangenehme Vorwürfe gefallen lassen. Mehrere Journalisten sagten aus, dass die Staatskanzlei Einfluss auf Berichterstattung nehmen wollte.

In der Modellbau-Affäre um das Ehepaar Haderthauer hat es offenbar mehrere Beeinflussungsversuche auf Medien aus der Staatskanzlei gegeben. Das erklärten gestern übereinstimmend Journalisten des Bayerischen Rundfunks (BR) und der "Süddeutschen Zeitung" (SZ) vor dem Modellbau-Untersuchungsausschuss des bayerischen Landtags.

BR-Journalist Rudi Erhard berichtete von einem Anruf, den der Bayerische Rundfunk von einem Pressesprecher der Staatskanzlei im Juli 2014 erhalten habe. Dieser habe gefordert, dass der Begriff "horrende Gewinne", die Erhard im Zusammenhang mit dem Verkauf von Modellautos benutzt hatte, aus einem Bericht des Radiosenders B5aktuell entfernt werden müsste. Der derzeit suspendierte Landgerichtsarzt Hubert Haderthauer hatte die wertvollen Modellautos von einem psychisch kranken Dreifachmörder herstellen lassen. Über die Firma Sapor Modelltechnik, an der auch seine Ehefrau Christine Haderthauer zeitweise beteiligt war, hatte er die Modelle für viele Tausend Euro verkauft. Christine Haderthauer musste aufgrund der Affäre von ihren politischen Ämtern zurücktreten.

Erhard sagte, er habe den Sprecher nach der Beschwerde angerufen und sei "sehr deutlich geworden", dass er eine solche Beeinflussung der Berichterstattung nicht dulde. "Ich habe ihn mir ordentlich zur Brust genommen", betonte er. Es habe überhaupt keinen Anlass gegeben, dass die Staatskanzlei in dieser Sache tätig werde, da es sich um eine Privatangelegenheit der damaligen Staatskanzleichefin Christine Haderthauer gehandelt habe. Der Sprecher habe bei dem Telefonat beteuert, dass er nicht im Auftrag von Haderthauer gehandelt habe. Er halte das aber nicht für glaubwürdig, da der Sprecher unter anderem Bezug auf die Steuererklärung Haderthauers genommen habe, um zu belegen, dass das Wort "horrend" nicht zutreffend sei, sagte Erhard. Er unterstrich, dass sich der BR nicht von der Staatskanzlei habe beeinflussen lassen.

Dass der entsprechende Beitrag später aus dem Programm genommen worden sei, habe daran gelegen, dass aktuellere Themen die Plätze für die Berichterstattung besetzt hätten. Erhards Kollege Florian Hartmann, an den der ursprüngliche Beschwerdeanruf aus der Staatskanzlei gegangen war, betonte, dass der Bericht am Abend auch noch einmal im Radio gelaufen sei.

Zudem berichtete Erhard von einer Unterlassungserklärung, die der BR nach dem Willen des Haderthauer-Anwalts hätte abgeben sollen. Unter anderem habe Christine Haderthauer bestritten, dass sie geschäftsführend bei Sapor tätig war.

Eine Vermischung staatlicher und privater Angelegenheiten kritisierte als Zeuge im U-Ausschuss auch "SZ"-Berichterstatter Dietrich Mittler. Er habe wenige Wochen später vom gleichen Sprecher eine Mail erhalten, in der dieser auf eine Klage Hubert Haderthauers gegen die Zeitung hinwies. Zuvor hatte Mittler beim Anwalt Haderthauers eine Anfrage gestellt, weil er ein Gerücht gehört hatte, dass Haderthauer verhaftet worden sei. Dass kurz darauf eine Reaktion aus der Staatskanzlei kam, habe er als "sehr außergewöhnlich" empfunden. Der Sprecher habe ihm in dieser Situation leidgetan.

Dass auch die "SZ" eine Unterlassungserklärung abgeben sollte, war für Mittler keine Überraschung. "Ich kenne Frau Hadertauer schon lange und weiß, wie sie auf Kritik reagiert", sagte er. Sie verhalte sich bei Widerspruch schnell "gereizt, mitunter massiv". Wie auch der BR, weigerte sich die "SZ" aber.