München
Es fehlt weiter an Ausstattung

Studie: Digitales Lernen steckt an bayerischen Schulen noch immer in den Kinderschuhen

13.11.2017 | Stand 02.12.2020, 17:13 Uhr

München (DK) Um die digitale Bildung an bayerischen Schulen steht es schlechter als gedacht. Das enthüllt eine im Auftrag der Vereinigung der bayerischen Wirtschaft (vbw) erstellte Studie - die erste dieser Art überhaupt. Die Ergebnisse sind teils ernüchternd.

Die Erhebung wurde von Frank Fischer, Professor für empirische Pädagogik und pädagogische Psychologie an der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität erstellt. Er präsentierte sie gestern gemeinsam mit vbw-Präsident Alfred Gaffal. Befragt wurden dafür rund 400 Lehrer an Gymnasien beziehungsweise an Haupt- und Realschulen. Der Professor und sein Team schauten sich auch die Lehrpläne an, ebenso die Module der Lehramtsausbildung an den Hochschulen und die diversen Fortbildungsangebote des Ministeriums für die Pädagogen.

Die Kernfrage dabei lautete stets: Wie stark werden darin medienbezogene Kenntnisse vermittelt? Erschreckend: Jede vierte Schule hat gar kein Medienkonzept. Und fast jeder zweite Lehrer klagt, dass die Netzanbindung viel zu langsam sei. Unterstützung durch technische Fachkräfte von außerhalb findet nicht ausreichend statt. Die am häufigsten verwendete technische Innovation in den Klassenzimmern ist noch immer mit knapp 90 Prozent der gute alte Beamer. Über Tablets verfügen gerade mal 17 Prozent der Klassen, auch Notebooks stehen nur in gut jedem dritten Raum. Und die richtig neuen und modernen Geräte - also etwa interaktive Tische - werden lediglich in vier Prozent der Klassenzimmer bereitgestellt.

Es dominiert auch noch vielfach der herkömmliche Frontal-Unterricht an der Schiefertafel und mit Kreide. Beim Bedienen und Anwenden digitaler Medien sind die Realschulen den beiden anderen Schularten weit voraus. In 83 Prozent von ihnen (Hauptschulen 18, Gymnasien 36 Prozent) ist das Standard. Doch wirklich innovatives Arbeiten - also Produzieren und Präsentieren mithilfe digitaler Medien - ist, je nach Schulart, nur in 9 beziehungsweise 18 Prozent der Fälle vorgesehen.

Allerdings hinken nicht nur ältere Kollegen der Zeit hinterher, so der LMU-Professor. "Wer vor 20, 30 Jahren studiert hat, wurde ja mit dieser Technik auch nicht konfrontiert. Aber leider sind auch die jüngeren Kollegen, bei denen man eine deutlich höhere Affinität voraussetzen könnte, oft nicht fit in der Anwendung digitaler Medien." Alleinige Schuld der Lehrer sei das übrigens nicht. "Die Studiengänge haben diese Thematik häufig noch nicht integriert."

"Auch eine klare Systematik ist kaum erkennbar", kritisiert Frank Fischer. Zwar tönt die Staatsregierung gern vom "digitalen Klassenzimmer" - aber was das konkret bedeutet, definiert das bayerische Kultusministerium nicht. Das beklagt übrigens auch der Bayerische Städtetagsvorsitzende und Augsburger Oberbürgermeister Kurt Gribl (CSU). Grund: Die Kommunen sind sogenannter Sachaufwandsträger der Schulen. Sie befürchten, dass es an ihnen hängen bleibt, die Schulen künftig adäquat auszustatten. Da die Städte unterschiedlich reich sind, hätte das Zwei-Klassen-Schulen zur Folge: Tablets in der einen und Kreide in anderen Schulen.

Für vbw-Chef Alfred Gaffal hat dieses erkennbare Defizit auch langfristige Auswirkungen auf Wettbewerbsfähigkeit und Wohlstand im Freistaat. Wenn die Kinder diese Kompetenzen heute nicht erlernen, wird es irgendwann schwierig, meint er. Bayern, so der oberste Wirtschaftsvertreter des Freistaats weiter, konkurriere ja nicht nur mit Berlin, sondern mit aufstrebenden Hightech-Nationen in der ganzen Welt.