München
Das Startbahn-Dilemma

Im Kampf um die dritte Piste am Münchner Flughafen erhöht die CSU-Fraktion den Druck

13.07.2016 | Stand 02.12.2020, 19:33 Uhr

München (DK) Die CSU steckt beim Bau der dritten Startbahn in einem Dilemma: Ohne Bürgerbeteiligung ist dieser wohl nicht durchsetzbar, die Argumente für den Ausbau sind aber umstritten. Die Partei ist in mehreren Fragen gespalten. In die Debatte kommt aber neue Bewegung.

Geht es nach CSU-Fraktionschef Thomas Kreuzer, ist die Sache klar. Bis zum Jahresende muss ein Fahrplan her, wie der Bau der dritten Startbahn am Münchner Flughafen umgesetzt wird. Die Frage nach dem Ob stellt sich für ihn gar nicht mehr. Die dritte Piste "muss kommen", sagt er.

Aber wie? Darauf hat Kreuzer wie auch andere CSU-Spitzenvertreter noch keine Antwort. Denn die Lage ist extrem verzwickt. Die Stadt München - neben Bund und Freistaat dritter Gesellschafter der Flughafen München GmbH (FMG) - hat mehrfach erklärt, dass sie sich an den ablehnenden Bürgerentscheid von 2012 weiter gebunden fühlt, obwohl dieser formal nur ein Jahr wirksam war. Das gilt nicht nur für die Münchner SPD um Oberbürgermeister Dieter Reiter, sondern auch für die CSU im Rathaus.

Einig ist man sich bei den Christsozialen einzig, dass eine juristische Lösung nicht wünschenswert ist. Bei der theoretischen Machbarkeit einer solchen Lösung ist die Einigkeit in der Partei aber schon wieder vorbei. Während etwa Finanzminister Markus Söder glaubt, dass der Baubeginn nur einstimmig von allen Gesellschaftern beschlossen werden kann, betonen andere, dass die Stadt eigentlich gar nicht nötig wäre, um die Bagger loszuschicken.

Statt mit dem Kopf durch die Wand zu rennen, will die CSU aber eine politische Lösung herbeiführen. In den kommenden Wochen soll es nun weitere Gespräche zur Startbahn geben. Zum einen will sich Ministerpräsident Horst Seehofer zum lange geplanten Gespräch mit der Spitze der CSU-Landtagsfraktion zusammensetzen, die mit großer Mehrheit für den Ausbau ist. Einen Termin und eine Teilnehmerliste für das Treffen gibt es aber noch nicht, wie es gestern hieß. Zum anderen soll der Dialog mit der Stadt München gesucht werden.

Seehofer hatte schon vor Wochen angekündigt, dass die Bevölkerung an der Entscheidung beteiligt werden soll. Allerdings ist noch immer unklar, wie sich der Parteichef selbst positioniert. Während manche in der CSU-Spitze sagen, er habe ich bereits klar zur dritten Startbahn bekannt, wollen andere davon noch nichts gehört haben. "Es gibt keinen neuen Stand", erklärt etwa Staatskanzleichef Marcel Huber.

Für ein mögliches neues Bürgervotum, um den Bau zu legitimieren, gibt es mehrere Möglichkeiten. So könnten erneut die Münchner zur Urne gerufen werden. Voraussetzung dafür ist laut OB Reiter aber eine deutliche und nachhaltige Steigerung der Flugbewegungen. Auch Seehofer hält die bisherige Zahl der Starts und Landungen für zu gering, als dass sie einen Ausbau rechtfertigen würden. CSU-Fraktionschef Kreuzer betont dagegen, dass in den Kernflugzeiten bereits keine Slots mehr frei seien und dass München im Vergleich zur internationalen Konkurrenz wie Istanbul oder Dubai immer weiter ins Hintertreffen gerate. Gestern vermeldete der Flughafen eine leichte Steigerung im ersten Halbjahr 2016 (siehe grauer Kasten).

Die Möglichkeit einer Abstimmung in der Landeshauptstadt ist allerdings umstritten, schließlich liegt der Flughafen nicht auf Münchner Grund und die Stadtbewohner wären von Baumaßnahmen und neuen Flugbewegungen deutlich weniger betroffen als etwa die Freisinger. Ex-CSU-Parteichef Erwin Huber hatte zudem bereits angekündigt, gegen einen solchen Bürgerentscheid klagen zu wollen, weil dieser nicht Angelegenheit der kommunalen Selbstverwaltung sei.

Eine Alternative wäre eine bayernweite Volksbefragung - ein Instrument, das erst 2015 unter anderem mit Blick auf die Flughafen-Debatte von der CSU eingeführt worden war. Allerdings gibt es auch hier Kritik: Die Aschaffenburger hätten in diesem Fall genauso viel Mitsprache wie die direkt betroffenen Attachinger.

Wegen der schwierigen Ausgangslage machte in den vergangenen Tagen eine Jahreszahl immer wieder die Runde: 2020. Nach Wahlkämpfen mit entsprechenden Positionierungen auf Bundes-, Landes- und Kommunalebene könnte die Ausgangslage eine ganz andere sein. Eine weitere Vertagung der Startbahnentscheidung in der CSU ist also nicht ausgeschlossen. Söder formulierte es so: "Auf ein Jahr hin oder her kommt es nicht mehr an."