Gleich
Der SPD-Wahlkampf beginnt

03.03.2017 | Stand 02.12.2020, 18:33 Uhr

München (DK) Gleich sechs Kandidaten bewerben sich um den Vorsitz der Bayern-SPD. Die Aussichten der Bewerber sind äußerst unterschiedlich. Dem Pfaffenhofener Markus Käser werden zumindest Außenseiterchancen eingeräumt.

Wenn man nach den Fotowünschen geht, dann steht die Siegerin schon fest. Generalsekretärin Natascha Kohnen stand auch lange nach dem Ende des Politischen Aschermittwochs in Vilshofen noch auf der Bühne, um sich mit SPD-Anhängern fürs Familienfotoalbum ablichten zu lassen. Der Landtagsabgeordnete Florian von Brunn durfte zumindest ab und zu noch in eine Kamera lächeln. Von den anderen Bewerbern um den SPD-Landesvorsitz war da schon lange nichts mehr zu sehen.

Allerdings zählt bei der Mitgliederbefragung, in der über die Nachfolge von Bayern-SPD-Chef Florian Pronold entschieden wird (siehe Infokasten), eine andere Währung als die Zahl der Selfies. Man braucht eine Mehrheit der rund 59 000 Bayern-SPD-Mitglieder hinter sich. Zwar gilt Kohnen als Favoritin, ausgemacht ist ihr Sieg aber noch lange nicht. Denn Kohnen bläst von den anderen Kandidaten seit Wochen scharfer Gegenwind ins Gesicht.

Der Pfaffenhofener Kreisvorsitzende Markus Käser etwa sieht in ihr keinen Neuanfang, weil sie acht Jahre lang in herausragender Position die Arbeit von Pronold mitgetragen habe. Ex-Parteisprecher Gregor Tschung glaubt gar, dass die Partei unter der Führung Pronold/Kohnen "unwählbar" geworden sei. Und zuletzt verschärfte selbst Kohnens Fraktionskollege von Brunn die Gangart und kritisierte die derzeitige Parteiführung für ihre Öffentlichkeitsarbeit. "Die CSU muss wissen, dass wir sie bei jeder Gelegenheit unter Feuer nehmen. Das passiert bisher viel zu wenig", monierte er. Damit stellte er sich explizit gegen Kohnen, die gefordert hatte, dass die SPD wieder mehr eigene Inhalte und Ideen in den Mittelpunkt stellen müsse, "anstatt sich ständig an der CSU abzuarbeiten".

Viele in der Partei rechnen mit einem engen Zweikampf zwischen Kohnen und von Brunn, die einen ähnlichen Hintergrund haben: Beide sind Münchner, beide Landtagsabgeordnete und beide besetzten das Thema Nachhaltigkeit. Der dritte Bewerber aus dem "Parteiestablishment", der Bundestagsabgeordnete Klaus Barthel, ist dagegen bisher im parteiinternen Wettkampf kaum in Erscheinung getreten. Er wolle vor allem im Bereich Arbeit und soziale Gerechtigkeit das Profil der Bayern-SPD schärfen, sagt er. Attacken auf seine Mitbewerber verkneift er sich. Mit von Brunn, der lange für ihn arbeitete, stehe er in engem Kontakt. Die beiden, so heißt es aus Parteikreisen, könnten sich gegenseitig die Stimmen abjagen.

Lachender Vierter könnte daher Markus Käser werden. Fragt man beim Aschermittwoch die niederbayerische Parteibasis nach ihm, zucken die meisten zwar nur mit den Schultern: "Den kennen wir nicht." Aber auf der Ebene der Ortsvereinsvorsitzenden und Bürgermeister sei er sehr gut vernetzt, sagt Käser. Über diese Multiplikatoren und die Lokalmedien will er in den kommenden Wochen viele Bayern-SPD-Mitglieder erreichen.

Zwar rechnet niemand mit einem Sieg Käsers, aber ein respektables Ergebnis trauen ihm in der SPD-Führung dennoch einige zu. Immerhin hat die Basisinitiative "Zeit für die Mutigen", deren Sprecher Käser ist, beim Parteitag vor zwei Jahren schon einmal für Aufsehen gesorgt, als ihr Kandidat Walter Adam ein Drittel der Stimmen gegen Pronold holte.

Käser jedenfalls ist wild entschlossen, seine Möglichkeit zu nutzen. Bei einer Mitgliederbefragung seien seine Chancen deutlich besser als bei einem aus Funktionären bestehenden Parteitag, glaubt er. Gut vorbereitet ist seine Kampagne auf jeden Fall. Am Tag der Bekanntgabe der Kandidatur ging seine neue Homepage online. Auch ein äußerst professionelles Wahlkampfvideo gibt es bereits. Darin wirbt Käser für sich als Kandidat der Basis, der für einen Neustart von unten steht.

Ähnlich positionieren sich auch Tschung und der sechste Bewerber Uli Aschenbrenner, wobei bei diesen die Ernsthaftigkeit der Bewerbungen von vielen in der Partei in Zweifel gezogen wird. Tschung, so heißt es, wolle einfach nur seinen ehemaligen Chefs eins auswischen. Der bestreitet das freilich und erklärt, dass die SPD zu viele wichtige Themen nicht besetze. Allenfalls halbherzig wirkt die Aschenbrenner-Kandidatur. Viel Wahlkampf wolle er nicht machen, sagt der Niederbayer schon nach seiner Bewerbung. Beim Aschermittwoch ist er der Einzige, der fehlt. Während die anderen Bewerber um Stimmen buhlen, ist er beim Skifahren. Einen Vorteil hat aber auch Aschenbrenner: Er ist der einzige Nicht-Oberbayer.

Die Kandidaten

NATASCHA KOHNEN:

Seit acht Jahren ist Natascha Kohnen Generalsekretärin der Bayern-SPD. Den Posten hat die Biologin nach einem steilen politischen Aufstieg erhalten. Denn erst mit 33 Jahren ist die heute 49-Jährige aus Neubiberg in die SPD eingetreten. Seit 2008 sitzt sie im Landtag, wo sie in erster Linie für energiepolitische Themen verantwortlich ist.

 

FLORIAN VON BRUNN:

 

Der Münchner Landtagsabgeordnete Florian von Brunn hat sich in den vergangenen Jahren als scharfer CSU-Kritiker einen Namen gemacht - im Bayern-Ei-Skandal und in der Debatte ums Riedberger Horn. Durch sein Wirtschaftsstudium und sein Engagement im Mieterbund habe er aber auch ein breiteres politisches Profil, sagt er.

 

KLAUS BARTHEL:

 

Der Bundesvorsitzende der Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen (AfA), Klaus Barthel, zählt zum linken Parteiflügel. Er ist Mitglied des SPD-Landesvorstands und seit 1994 Abgeordneter des Bundestags. Bei der Wahl im September will der 61-jährige Gewerkschaftsfunktionär aus Kochel am See aber nicht mehr antreten.

 

MARKUS KÄSER:

 

Der Pfaffenhofener Kreisvorsitzende Markus Käser ist einer der Sprecher der führungskritischen SPD-Basisinitiative "Zeit für die Mutigen", die seit Langem mehr Mitgliederbeteiligung fordert. In der Kommunalpolitik hat sich der 41-Jährige unter anderem als treibende Kraft der "Bunten Koalition" in Pfaffenhofen einen Ruf als tatkräftiger Macher erworben.

 

GREGOR TSCHUNG:

 

Die Kandidatur von Gregor Tschung war eine echte Überraschung. Denn der frühere Sprecher der Bayern-SPD war 2011 schon nach kurzer Zeit und heftigem Streit von der Partei geschieden. Viele in der SPD sehen seine Bewerbung daher als persönlichen Rachefeldzug. Heute arbeitet der 51-Jährige als Sprecher der Münchner Tafel. 

 

ULI ASCHENBRENNER:

 

Uli Aschenbrenner ist wohl der Unbekannteste unter den sechs Bewerbern. Der 48 Jahre alte Berufsschullehrer kandidierte bei der Kommunalwahl 2014 erfolglos für das Bürgermeisteramt in seiner niederbayerischen Heimatgemeinde Ascha und war zwölf Jahre lang Mitglied im dortigen Gemeinderat.