München
Das doppelte Spiel des jungen Arztes

Hubert Haderthauers Vorgehen bei der Modellbautherapie beschäftigt erneut den Untersuchungsausschuss

26.11.2015 | Stand 02.12.2020, 20:30 Uhr
Das Ehepaar Haderthauer. −Foto: Jürgen Schuhmann

München (DK) Nach Abschluss der Ermittlungen gegen das Ehepaar Haderthauer will der Untersuchungsausschuss Modellbau des Landtags nun die Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft einsehen. Als Zeuge schilderte gestern ein ehemaliger ärztlicher Direktor die Anfänge der Modellbautherapie.

Hanns-Günther K. musste sich lange gedulden. „Das ist ein lahmer Haufen“, schimpfte der frühere medizinische Direktor am Bezirkskrankenhaus Ansbach im bayerischen Landtag vor sich hin, während er auf seine Befragung im Untersuchungsausschuss wartete. Denn bei der ersten Sitzung des Gremiums seit der Anklageerhebung gegen Hubert Haderthauer diskutierten die Ausschussmitglieder zunächst hinter verschlossenen Türen lange über ihr weiteres Vorgehen. Fest steht: Die Ermittlungsergebnisse der Staatsanwaltschaft sollen angefordert werden.

„Wir haben Vorkehrungen getroffen, dass uns die Ermittlungsakten so übermittelt werden, dass wir damit arbeiten können“, sagte der Ausschussvorsitzende Horst Arnold (SPD) unserer Zeitung. Die Akten müssten dann sicher verwahrt und der Zugang zu ihnen streng kontrolliert werden. Denn bei Steuerstraftaten herrschen besondere Geheimhaltungspflichten – und sowohl Hubert Haderthauer als auch seiner Ehefrau Christine werden Steuerdelikte zur Last gelegt.

Im Mittelpunkt der Zeugenbefragungen bei der 15. Sitzung des Gremiums standen die Anfänge der Arbeitstherapie, bei der psychisch kranke Straftäter hochwertige Modellautos bauten. Verkauft wurden diese für bis zu 25 000 D-Mark von der Firma Sapor Modelltechnik, deren Gesellschafter Christine und Hubert Haderthauer nacheinander waren.

Der leitende Medizinaldirektor K. hatte die Oberaufsicht über die Forensik am Bezirkskrankenhaus Ansbach, als sein Stationsarzt Hubert Haderthauer Ende der 1980er Jahre die Modellbautherapie ins Leben rief. K. befürwortete die Therapie – dass Haderthauer nicht nur als Arzt, sondern auch wirtschaftlich involviert war, ahnte er nach eigenen Angaben nicht. Davon habe er erst viel später aus der Presse erfahren. Und dass Haderthauer 1990 für die Klinik einen Vertrag mit der Firma Sapor unterzeichnet hatte, wundert den Ex-Direktor bis heute: „Herr Haderthauer war meiner Meinung nach gar nicht berechtigt, Verträge abzuschließen.“

Gebaut wurden die Modellautos in erster Linie von Roland S. – der nach drei Sexualmorden als hochgefährlich eingestuft wurde. Haderthauer bat K. dennoch, dem Patienten Ausgang zu bewilligen, da S. für den Modellbau draußen etwas zu erledigen habe. „Ich habe gesagt: Das kommt nicht infrage. Er ist mit höchster Sicherheitsstufe eingewiesen worden, auch mit Begleitung verlässt er das Haus nicht“, berichtete der Ex-Direktor.

Doch K. ging 1990 in den Ruhestand – und der Dreifachmörder bekam für eine geschlossene Psychiatrie wohl beispiellose Freiheiten. Diese schilderte dem Ausschuss Bernhard G., ein früherer Stationsleiter in Ansbach: Demnach hatte S. einen Schlüssel zum Büro der Therapeuten, seine Post durften die Pfleger auf Anweisung der Ärzte nicht kontrollieren, bei Sicherheitskontrollen auf der Station wurden die Spürhunde an seinen Schränken einfach vorbeigeführt. Hinzu kamen zahlreiche Ausgänge des Patienten.

Am nächsten Donnerstag befragt der Ausschuss den mittelfränkischen Bezirkstagspräsidenten Richard Bartsch und seinen Vorgänger Gerd Lohwasser. Nur wenige Stunden zuvor beginnt auch die strafrechtliche Aufarbeitung der Geschäfte mit den Modellautos – mit dem Start des Betrugsprozesses gegen Hubert Haderthauer (siehe Kasten).