München
Mit 6,52 Promille auf Reisen

Bundespolizei greift 61-jährigen Sachsen mit rekordverdächtigem Wert am Münchner Hauptbahnhof auf

18.10.2017 | Stand 02.12.2020, 17:20 Uhr

Trinken bis zum Umfallen - Alkoholmissbrauch bleibt ein aktuelles Thema. In München brachte es ein Mann auf 6,52 Promille. - Foto: Thinkstock

München (DK) Betrunkene an Bahnhöfen sind keine Seltenheit. Ein aktueller Fall in München scheint jetzt aber alle Rekorde zu brechen: Am Hauptbahnhof griff die Bundespolizei einen Mann mit sage und schreibe 6,52 Promille auf - ein Pegel, bei dem die meisten anderen bereits tot wären.

Passanten hatten am Dienstag gegen 15.30 Uhr bei der Bundespolizeiinspektion mitgeteilt, dass am Nordeingang des Hauptbahnhofs ein Mann an einer Treppe liege. Tatsächlich entdeckte eine Streife dort einen desorientierten 61-Jährigen aus dem sächsischen Zwickau. "Der sichtlich Alkoholisierte wurde zur nahen Wache gebracht, eine alleinige Weiterreise war nicht mehr möglich", war im Einsatzbericht nachzulesen. Große Augen machten die Beamten, als ein Alkomattest lebensbedrohliche 6,52 Promille ergab.

Der total betrunkene Sachse war trotz seines Zustands noch ansprechbar. Er habe lediglich eine Maß Bier getrunken, meinte er. Vielleicht sei ihm aber nur noch das zuletzt konsumierte Bier in Erinnerung gewesen, hieß es bei der Bundespolizei. "Wir haben einen Arzt verständigt, der den Mann untersucht und ins Krankenhaus eingewiesen hat", sagte Inspektionssprecherin Petra Wiedmann. Ob der Bahnkunde schon früher wegen Trunkenheit aufgefallen war, ließ sich nicht klären.

"Kenn' dein Limit", rät die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung in Sachen Alkoholkonsum und richtet sich mit einer entsprechenden Seite im Internet (www.kenn-dein-limit.info) vorwiegend an Jugendliche und junge Erwachsene. Die Empfehlung gilt aber auch für reifere Semester, wobei der 61-Jährige mit solchen Appellen wohl kaum zu erreichen sein dürfte. Vieles spricht dafür, dass er schwer alkoholkrank ist. "Ich kann mich nicht an einen Patienten mit einem so hohen Wert erinnern", sagt Thomas Pollmächer, Chefarzt der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie am Klinikum Ingolstadt - "mehr als vier oder fünf Promille ja, aber keine sechs." Wer Alkohol gewohnt sei, könne aber oft noch "mit 4,5 Promille geraden Schrittes in den Untersuchungsraum gehen".

Grenzwerte festzulegen, wie Alkoholkonsum sich auswirkt, ist ein schwieriges Unterfangen. "Es kommt auf so viele Faktoren an", sagt der erfahrene Mediziner Pollmächer - auf die individuelle Konstitution, auf Körpergröße und -gewicht oder die momentane Verfassung, aber auch darauf, wie oft und wie viel Alkohol man trinkt. "Schon bei 0,3 bis 0,5 Promille kann es zu verzögerten Reaktionen und Beeinträchtigungen kommen. Deshalb sind die Grenzwerte für die Teilnahme am Straßenverkehr zurecht so niedrig angesetzt."

Mit steigendem Pegel würden die Folgen gravierender. "Das lässt sich nicht unbedingt an Werten festmachen, das ist ein gradueller Prozess. Ab einem bestimmten Punkt treten neurologische Störungen auf, die Müdigkeit geht über in Gleichgewichts- oder Sprachstörungen bis hin zur Bewusstlosigkeit", erklärt der Chefarzt. Bei einem trinkungewohnten 13-Jährigen könne das schon bei zwei Promille passieren. Ab drei bis vier Promille, da sind sich Fachleute einig, kann es lebensgefährlich werden, es drohen Lähmungen, Koma, Atemstillstand und Tod.

Auch wenn Fälle wie der am Münchner Hauptbahnhof die Ausnahme sind, gilt Deutschland in Sachen Alkohol als Hochkonsumland. Pro Kopf rinnen nach aktuellen Zahlen jährlich 106,6 Liter Bier, 21,1 Liter Wein, 5,5 Liter Spirituosen und 4 Liter Sekt die Kehlen hinunter.