München
Konzentration auf den politischen Gegner

Statt mit der CDU beschäftigt sich die CSU nun wieder mit der Opposition

28.09.2016 | Stand 02.12.2020, 19:15 Uhr

München (DK) Mit zwei Ausnahmen liefert die Regierungserklärung von Ministerpräsident Horst Seehofer wenig Neues. Die Opposition hat dennoch reichlich zu kritisieren.

Horst Seehofer (CSU) hat sich merklich zurückgehalten. Das stellt auch SPD-Fraktionschef Markus Rinderspacher gleich zu Beginn seiner Rede fest. Und so äußert auch er sich zunächst mäßigend. Sogar ein Lob hat er für den Regierungschef parat: "Tatsächlich war der Ton ein anderer als in den letzten zwölf Monaten", sagt er. "Es war fast ein ganz anderer Horst Seehofer." Erstmals habe es keinen Frontalangriff auf Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gegeben.

In der zuvor vorgetragenen Regierungserklärung des Ministerpräsidenten suchte man Angriffe in Richtung Berlin in der Tat vergeblich. Wer auf scharfe Worte gegen die Schwesterpartei gehofft hatte, musste eine 67-minütige Enttäuschung über sich ergehen lassen. Alle anderen durften sich freuen, dass die CSU endlich auch wieder über andere Dinge als Asyl und Sicherheit sprach - wenngleich dieser Komplex natürlich dennoch einen großen Teil der Rede einnahm, die Seehofer ruhig, fast durchgehend ans Rednerpult geklammert, vortrug. CSU-Klassiker wie Obergrenze, Bundeswehr im Innern oder Leitkultur durften auch diesmal nicht fehlen. "Unsere Hausordnung ist nicht verhandelbar", erklärte Seehofer. Die Emotionalität blieb aber auch bei diesen Worten außen vor. Auch jenseits des Asylbereichs lieferte Seehofer wenig Neues, erneuerte aber viele CSU- und Kabinettsbeschlüsse der vergangenen Monate. So bekräftigte er, dass die CSU die Bürger mit einer Steuerreform um 15 Milliarden Euro entlasten wolle. Weitere Punkte waren etwa das bayerische Vordringen in die digitale Weltspitze, Wahlfreiheit am Gymnasium oder die Verlagerung des Gesundheitsministeriums nach Nürnberg. Diese will Seehofer auch gegen den Widerstand aus der eigenen Fraktion durchziehen.

Eine Überraschung hatte der CSU-Chef mit einem klaren Bekenntnis zur dritten Startbahn am Münchner Flughafen dann aber doch parat. Und auch bei der zweiten Stammstrecke für die Münchner S-Bahn hatte er kleine Neuigkeiten: Seehofer kündigte an, dass im Oktober endlich eine Finanzierungsvereinbarung zwischen Bund, Freistaat, Stadt und Bahn geschlossen werden soll. Bisher wurde diese immer nur "zeitnah" angekündigt.

Im Gegensatz zum Ministerpräsidenten hielt Markus Rinderspacher seine Zurückhaltung nicht lange durch. Die CSU habe das gesellschaftliche Klima durch rechtspopulistische Aussagen zunehmend aufgeheizt. "Wer die AfD wirklich kleinhalten will, darf ihre Rhetorik nicht übernehmen", kritisierte er. Die CSU wolle mit "Söderndem Scheuerismus" aus Bayern ein anderes Land machen und den Menschen vorschreiben, wie sie zu leben haben. Seehofers Garantien, dass er für Ruhe an den Gymnasien sorgen und den Ganztag ausbauen wolle, seien unerfüllt geblieben. Der Vorsitzende der Landtags-Grünen, Ludwig Hartmann, griff die "Heimatzerstörer von der CSU" vor allem in der Umweltpolitik scharf an. Die Lifttrasse am Riedberger Horn, die Aufweichung des Anbindegebots oder der Ausschluss des Steigerwaldes als dritten Nationalpark seien Ausdruck einer verfehlten Politik. "Sie sind umweltpolitische Versager", sagte er in Richtung Regierungsbank.

Auch der Freie-Wähler-Fraktionschef Hubert Aiwanger griff die CSU in der Nationalpark-Frage an. Er stellte diesen aber im Gegensatz zu den Grünen generell infrage und sprach von einer "Kopfgeburt" und einer Aktion der "CSU-Propagandamaschine". In der Bevölkerung gebe es keinen Ruf nach einem dritten Nationalpark. Er wolle keine weitere "Borkenkäferzuchtstation". Generell habe sich die CSU "grandios falsch positioniert". Sowohl mit dem Bau der diese Woche verkündeten Stromautobahnen als auch mit der dritten Startbahn stelle sich die Staatsregierung gegen die Dezentralität in Bayern.

Für die Attacken aus CSU-Sicht war gestern der Fraktionsvorsitzende zuständig. Aber auch Thomas Kreuzer nahm sich anders als in den vergangenen Monaten nicht die Bundesregierung vor, sondern schoss sich ausschließlich auf den eigentlichen politischen Gegner ein. Die bayerische SPD liefere nur Kritik, aber keinerlei eigene Antworten, schimpfte er. Und in der Flüchtlingspolitik müsse sich nicht die CSU entschuldigen, sondern die Grünen, die die Gefahr von einreisenden Terroristen ignoriert hätten. Trotz Seehofer'scher Zurückhaltung kam also doch noch viel Schärfe in die Debatte.