München
Undurchsichtiges Millionengeschäft mit Gemälden

Der einstige Textilfabrikant Hans Bäumler aus Ingolstadt fühlt sich von seinem früheren Kunstberater betrogen Der steht jetzt vor Gericht

16.02.2017 | Stand 04.01.2022, 20:00 Uhr
Der Ingolstädter Unternehmer Hans Bäumler (links) fühlt sich von seinem früheren Kunstberater betrogen. −Foto: Schattenhofer (Archivfoto)

München (DK) Ein Fall, der Stoff für einen Kinoplot liefern könnte: Ein Kunsthändler soll den einstigen Textilfabrikanten Hans Bäumler aus Ingolstadt um Millionen betrogen haben. Es geht um eine fiktive Gemäldesammlung. Gestern begann vor dem Landgericht München I der Prozess. Der Beschuldigte bestreitet die Vorwürfe.

Die verwickelte Geschichte beginnt im Frühjahr 2011 mit einer Chiffre-Anzeige in der "Süddeutschen Zeitung": "Sammlung franz. Impressionisten von Privat zu verk.", lautet der Text. Hans Bäumler ist sofort Feuer und Flamme. Denn der Unternehmer, reich geworden durch Herrenmode made in Ingolstadt, ist immer auf der Suche nach Werken für sein Museum im österreichischen Hohenems - ein Lebenstraum des heute 77-Jährigen.

Der gut betuchte Sammler spricht also seinen Kunstberater, den beschuldigten Kunsthändler, auf das verlockende Angebot an. Bäumler vertraut diesem Mann - er ist der Adoptivsohn des Besitzers eines Auktionshauses in München, wo der Fabrikant seit Jahren Stammkunde ist. Der Junior soll Direktor des Museums werden, so ist es testamentarisch verfügt. Man vereinbart, dass Bäumler auf die Annonce antwortet. Was der jedoch zu dem Zeitpunkt nicht weiß: Der Kunsthändler selbst hatte die Anzeige aufgegeben.

Als die Sache später auffliegt, erklärt der Kunsthändler, er habe seinem Mandaten die Bilder bereits zuvor angeboten, doch Bäumler habe kein Interesse gezeigt. Also habe er die Anzeige geschaltet, um die Gemälde anderweitig an den Mann zu bringen. Als Bäumler dann doch auf die Annonce reagierte, habe er ihn nicht "brüskieren" wollen.

Jedenfalls kommt schon bald nach Bäumlers Anfrage Post aus der Schweiz. Ein Finanzberater bietet im Namen eines anonymen Mandanten eine 30 Bilder umfassende Sammlung zum Preis von 22 Millionen Euro an. Im Folgenden soll der Kunsthändler laut Anklageschrift Bäumler vorgetäuscht haben, die wahre Besitzerin jener "Van-Louwen-Sammlung" herausgefunden zu haben. Der Kunsthändler, so der Vorwurf, habe angeboten, direkt mit der verwitweten Eigentümerin zu verhandeln, denn unter Umgehung des Zwischenhändlers könne er die Werke für 30 Prozent unter dem Marktpreis erwerben.

Tatsächlich jedoch behauptet Hans Bäumler heute, für die 13 tatsächlich erworbenen Bilder - darunter Werke von Alexej von Jawlensky oder Henri de Toulouse-Lautrec - am Ende nicht weniger, sondern deutlich mehr als den marktüblichen Preis gezahlt zu haben. Insgesamt soll ihm durch den 2011 eingefädelten Gemälde-Deal ein Schaden von mindestens 4,4 Millionen Euro entstanden sein, heißt es in der Anklageschrift - für die Staatsanwaltschaft Betrug in einem besonders schweren Fall.

Zweifel kommen Hans Bäumler jedoch erst im Jahr 2013, nachdem ihm der Kunsthändler weitere Bilder angeboten habe. Als Zeuge erklärte der Unternehmer gestern vor Gericht, sein Sohn sei irgendwann misstrauisch geworden und habe zu recherchieren begonnen - mithilfe von Detektiven. Die spüren den Kunsthändler, so heißt es, an der Côte d'Azur auf, wo er auf großem Fuße gelebt und gerne auch Champagnerpartys auf seiner Luxusjacht gefeiert haben soll.

Der Sammler fühlt sich betrogen, und so reichen seine Anwälte Schadensersatzklage ein. Die wird jedoch von der Zivilkammer des Landgerichts I abgewiesen. Das Oberlandesgericht, so erklärt Bäumlers Anwalt Harald Mosler, habe jedoch eine andere Sichtweise vertreten, das Verfahren ausgesetzt und die Sache der Staatsanwaltschaft übergehen. Für den Kunsthändler ist das Luxusleben damit vorbei - er wird verhaftet. Nur gegen Zahlung einer beträchtlichen Summe kommt er aus der Untersuchungshaft frei.

Gestern nun begegneten sich die beiden Männer erstmals wieder - im Gerichtssaal. Als Vorsitzender Richter Philipp Stoll nachhakt bei diesem schier unentwirrbaren Geflecht finanzieller Transaktionen mit rückdatierten Rechnungen, vordatierten Quittungen und einem dubiosen Darlehensvertrag über zwei Millionen Euro zugunsten des Kunsthändlers, beteuert Hans Bäumler immer wieder, wie groß sein Vertrauen in den Beschuldigten, den er wie einen Stiefsohn betrachtete, war. So groß, dass er ihm sogar zwei Millionen Euro und andere hohe Beträge bar auszahlte. "Man kann nur den Kopf schütteln", kommentiert der Richter die Abwicklung dieser Kunst-Geschäfte. Worauf Bäumler fast schon kleinlaut antwortet: "Er wollte halt nur Bares."

Das Urteil wird am kommenden Dienstag erwartet.